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Aktuelles Projekt: Arbeitskreis Stolpersteine  Gelsenkirchen Aktuelles Projekt: Arbeitskreis Stolpersteine  GelsenkirchenAktuelles Projekt: Arbeitskreis Stolpersteine  Gelsenkirchen

Familie Fritz und Grete Goldschmidt aus Gelsenkirchen

Mathilde Wertheim geb. Goldschmidt aus Gelsenkirchen


Esther Goldschmidt, eine Nichte von Fritz Goldschmidt, lebt heute in einem kleinen Ort in der Nähe von Flensburg. Sie hat die Patenschaft für die Verlegung von Stolpersteinen für Fritz und Grete Goldschmidt aus Gelsenkirchen übernommen. Eine Tante von Esther Goldschmidt, Frau Hilde Laut geborene Goldschmidt, lebt heute in Arizona in den Vereinigten Staaten. Die 93jährige Hilde und zwei Ihrer Cousinen, - eine der Cousinen lebt ebenfalls in Arizona, die andere Cousine lebt in Oakharbour im Bundesstaat Washington - übernehmen gemeinsam die Patenschaft für den Stolperstein, der Frau Mathilde Wertheim geborene Goldschmidt aus Gelsenkirchen gewidmet wird.

Frau Goldschmidt hat dem Arbeitskreis Stolpersteine Gelsenkirchen Briefe, Fotos und lebensgeschichtliche Eckdaten der Familie Goldschmidt und deren Anverwandten zur Verfügung gestellt und einer Veröffentlichung auf den Internetseiten des GELSENZENTRUM zugestimmt.

Mehr als 30 Familienmitglieder der Familie Goldschmidt sind von den Nationalsozialisten ermordet worden. Den Familienmitgliedern aus Gelsenkirchen sollen nun Stolpersteine gewidmet werden.

→ Die Familie Goldschmidt - das Schicksal einer jüdischen Familie


Die Mutter von Grete, Dora Löwenstein, wohnte in Syke bei Bremen. Nach ihr ist in Syke eine Straße, der Dora-Löwenstein-Ring, benannt worden. Sie war eine sehr hilfsbereite Frau und hat in Syke vielen armen Menschen aus der Not geholfen. Doch wurde sie nicht davor bewahrt, mit ihrem Mann nach Minsk deportiert zu werden und dort bei Massenerschießungen umzukommen. Nachzulesen in:

"Syke´s bessere Hälfte(n)" von Gabriele Ullrich. ISBN 3-88 132 605-7, Seite 10-11


→ Karte vergrößern


Esther Goldschmidt schreibt:

Der erste und größte Transport aus Gelsenkirchen fand am 27. Januar 1942 statt. 355 jüdische Mitbürger wurden zunächst - sichtbar für alle - auf dem Wildenbruchplatz an der dortigen Ausstellungshalle gesammelt. Viele von ihnen mussten für Ihre "Evakuierung nach dem Osten" sogar die Fahrkarten bezahlen. Am Güterbahnhof stiegen sie in die Züge - es waren Personenzüge - und wurden in das Ghetto nach Riga geschafft. Ein zweiter Transport ging am 31. März 1942 nach Warschau, ein dritter am 27. Juli 1942 nach Theresienstadt. Insgesamt haben von 615 deportierten Juden aus Gelsenkirchen nur 105 überlebt.

Fritz und Grete Goldschmidt

Fritz Goldschmidt war der Bruder meines Vaters Arthur. Er wohnte mit seiner Frau Grete (geb. Löwenstein) in Gelsenkirchen. Von Beruf war er Maler und Anstreicher. Er tanzte für sein Leben gern und war auf jedem "Tanzvergnügen" ein gefragter junger Mann. Beide versuchten noch, nach England auszuwandern und baten Kurt Goldschmidt, ein Bruder von Fritz, für sie zu bürgen. Fritz wurde von Gelsenkirchen aus zusammen mit seiner Frau Grete am 27. Januar 1942 nach Riga deportiert.


Mein lieber Kurt!

Brief von Fritz und Grete Goldschmidt an Kurt

Brief von Fritz und Grete Goldschmidt an Kurt

Von unserer großen "Feier" von lb. Hildes Abschied + unserer Verlobung senden Dir lb. frischgebackener Schwager allerherzlichste Grüße. Aus deinen l. Zeilen haben dein Wohl ersehen. Jetzt warten wir jeden Tag, dass Du uns rüberholst! Du brauchst mir nicht mal Taschengeld zu stiften! Also, bitte kein Zögern hilft mehr! Ach, wenn das doch bald wahr wäre....


Fritz Goldschmidt, geboren am 8. September 1913 in Madfeld. Ermordet am 1.Oktober 1944 im KZ Stutthof und vom Amtsgericht Gelsenkirchen am 24.01. 1950 für tot erklärt.
Grete Goldschmidt, geboren am 16. Mai 1922, ist in Riga verschollen.

Die liebe Tilla

Mathilde Wertheim, geb. Goldschmidt

Mathilde Wertheim, die von allen "Tilla" genannt wurde, wohnte zuletzt in der Theresienstrasse 6 in Gelsenkirchen. Mathilde war die älteste Tochter meiner Großeltern Fanny und Hermann Goldschmidt. Sie war mit Salli Wertheim verheiratet. Beide hatten eine koschere Schlachterei und ein Wurstwarengeschäft in Gelsenkirchen. Meine Tante Hilde verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend bei ihr, sie war ihr wie die zweite Mutter. Mathilde Wertheim, geborene Goldschmidt, geboren am 18. Juli 1896. Ermordet am 02. Januar 1945 im KZ Stutthof.


Mathilde Goldschmidt heiratet 1927 in Gelsenkirchen Sally Wertheim.

Hochzeit 1927 in Gelsenkirchen: Sally Wertheim und Mathilde Wertheim, geb. Goldschmidt

Esther Goldschmidt schreibt:

Die Letzte Karte von Mathilde Wertheim, geb. Goldschmidt

Das ist die letzte Karte, die meine Tante Mathilde an meine Tante Hilde nach Holland geschickt hat.

"(...) wir sind wieder auf dem Sprungbrett. Arthur hat Bescheid zum 20. Und Tante Hedwig am 22. Und wir bekommen täglich Bescheid, denn das ist bei jedem Transport anders (...)

Karte an Hilde Goldschmidt

Vorderseite, mein Vater Arthur an seine Schwester Hilde:

Meine liebe Schwester!

Nun ist die Reihe auch an uns wir stehen vor der großen Reise alles ist kopflos. ?..ist mit uns zusammen auch Siegfried und Ruth. Meine liebe Hilde wünsche ich dir von ganzem Herzen alles alles Gute bleib gesund und sei vielmals gegrüßt und geküsst von deinem Bruder Arthur. Wenn wir können schreiben wir dir.

Karte an Hilde Goldschmidt

Rückseite der Karte

Meine liebe Hilde!

Heinzi hat sich gefreut mit deiner Karte sowie auch wir, nach langer Zeit von dir zu hören. Dein Päckchen liebe Hilde, wird uns nicht mehr erreichen, da wir am 23. abfahren müssen. Es ist ein großes Elend, aber an dem Schicksal kann keiner mehr rühren, man muss stark bleiben Damit man die Nerven nicht verliert. Siegfried und Ruth sind auch dabei sowie die (...) aus Gelsenkirchen. Die liebe Mama ist heute früh wieder abgereist, bin froh dass wir uns nicht von ihr verabschieden brauchen, das Herz bricht einem ja. Der Transport soll nach Riga gehen. Ich habe noch viel zu tun, ich habe noch nicht gepackt, es gibt allerlei zu tun. Für Heinzi tut es einem sehr leid. Liebe Hilde bleib gesund halte Mut und Kopf hoch, vielleicht sehen wir uns doch noch mal im Leben. 1000 liebe Grüße und Küsse.


"Mehr als 30 Menschen aus meiner Familie sind umgebracht worden", sagt Esther Goldschmidt. "Ich arbeite gerade an einem Buch, dass zumindest meinen noch lebenden Verwandten zur ewigen Erinnerung an ihre Toten dienen soll."


Grete Löwenstein in der Mittelschule, 1936

Das Bild zeigt u.a. Grete Löwenstein in der Mittelschule, 1936. Wer kennt die anderen Mädchen auf dem Bild? Bitte nutzen Sie für Mitteilungen und Hinweise unser → Kontaktformular



Das folgende Bild zeigt ebenfalls Grete Löwenstein, aufgenommen an einem bisher unbekannten Ort, möglicherweise wurde das Foto in Gelsenkirchen gemacht.

Grete Löwenstein

Andreas Jordan, Februar 2008