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Gelsenkirchen und Emil Kirdorf

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"...Kirdorf hat doch soviel für uns getan!"

(O-Ton eines bekannten Gelsenkirchener Heimatforschers im Jahre 2007)

Von dem, was Kirdorf wirklich für uns getan hat...

Es ist richtig, dass Kirdorf am 1. April 1933 bereits 86 Jahre alt war und seine "Leistungen für die Industrie im Ruhrgebiet... eindeutig vor der NS-Zeit" liegen, aber es ist falsch, so zu tun, als sei in den 11 Jahren bis zum Ableben Kirdorfs in Deutschland nichts schlimmes passiert, mit dem Kirdorf nichts zu tun gehabt hätte und es ist fast schon fatal, die Verantwortung Kirdorfs am Aufstieg Hitlers und der Machtergreifung 1933 mit Verweis auf seine Leistungen für Industrie und Bergbau unter den Teppich zu kehren.

Emil Kirdorf

Abb.: Emil Kirdorf

Emil Kirdorf war ein überzeugter Antisemit und Nazi, dessen Engagement und Freundschaft zu Hitler auf der einen, und dessen Kontakte zur Industrie auf der anderen Seite letztendlich dazu beitrugen, die Nazis an die Macht zu bringen und zwar mit allen Konsequenzen: Abschaffung der Demokratie, Errichtung einer Terrorherrschaft, Schaffung neuen Lebensraums im Osten, Vernichtung von Juden, Ausländern und Randgruppen, Zwangsarbeit, Sklaverei, Krieg...

Ehrenbürger Gelsenkirchens: Emil Kirdorf

Gelsenkirchen hatte mehrere Nazis als Ehrenbürger: Adolf Hitler, diverse Gauleiter und eben Emil Kirdorf. Nach 1945 wollte niemand mehr in Deutschland was mit den Nazis zu tun haben oder zu tun gehabt haben. Hitlerplätze und Hitlerstrassen wurden wieder umbenannt, Hakenkreuze und Führerbüsten wurden vom Sockel gekippt, die Bilder des Diktators abgehängt. "Mein Kampf", von dem man sagt, dass es der "ungelesenste" Bestseller der damaligen Zeit war, verschwand irgendwo tief in den Schubladen oder wurde auf den Müll geworfen. Durch einen Stadtverordnetenbeschlussvon 1945 sind auch die an Nationalsozialisten verliehenen Ehrenbürgerschaften schnell wieder aberkannt worden. Nur Emil Kirdorf wurde die Ehrenbürgerschaft nicht aberkannt.

Wie die politisch Verantwortlichen der Stadt Gelsenkirchen im Jahr 2000 mit dem Thema "Natuionalsozialismus" umgehen, konnte man zum 125jährigen Jubiläum der Stadt im Hans-Sachs-Haus sehen. Auf einer seit Jahrzehnten öffentlich zugänglichen Tafel mit den Namen der Gelsenkirchener Ehrenbürger ist auch der Ehrenbürger Emil Kirdorf aufgeführt. Wenn ich also richtig rechne: 1875 wurden Gelsenkirchen die Stadtrechte verliehen, dann war 2000 das 125-jährige. Die Ehrenbürgerschaft wurde Kirdorf durch Ratsbeschluß bereits am 8. September 1989 (!) aberkannt. Elf Jahre später wurde dann diese Tafel entfernt.

Emil Kirdorf

Abb.: Gedenktafel

Heute erinnert im öffentlichen Raum der Stadt Gelsenkirchen noch immer die "Sachsenwaldeiche" und eine Gedenktafel im Rheinelbe-Park an den Antisemiten und Nazi Emil Kirdorf, den größten Geldgeber Adolf Hitlers.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es dann still, auch um Kirdorf. Er konnte weder wie Fritz Thyssen eine Rechtfertigung über seine Mittäterschaft in Form eines Buches "I paid Hitler" verfassen, noch konnte ihm, wie Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Hugenberg u.a., vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal der Prozess gemacht werden, denn er war bereits seit dem 13. Juli 1938 tot.

Das Ruhrgebiet war nach 1945 der treibende Motor, nicht nur in Nachkriegsdeutschland, sondern für ganz Europa. Es war erstmal wichtiger die Kohle aus der Erde zu holen und die Wirtschaft anzukurbeln, als sich mit der Verantwortung des Schlotbarons Kirdorf beim Aufstieg der Nationalsozialisten zu beschäftigen. Wer aus der Zeit vor 45 Dreck am Stecken hatte, besorgte sich über Bekannte Urkunden oder Zeugenaussagen, um sich mit den so genannten Persilscheinen den letzten brauen Dreck abzuwischen und eine saubere Weste nachzuweisen. Man schwieg und hielt die Klappe. Zauberwörter waren nicht mehr "Weltherrschaft" oder "Endsieg", sondern Wiederaufbau und Wirtschaftswunder und das Motto war: Schaffe, schaffe, Häusle baue. Die NS-Zeit war das große Tabuthema in den 50ern, welches erst 20 Jahre später durch die APO wieder auf den Tisch, oder besser auf die deutschen Strasse kam...

Etwa zeitgleich 1968 tauchte ein Schriftstück auf mit dem Titel "Der Weg zum Wiederaufstieg", welches die historischen Forschungen über Kirdorf langsam in Gang bringen sollte. Der erste Historiker, der sich damit beschäftigte, war der Amerikaner Henry Ashby Turner. Es handelt sich bei der Schrift um ein 22 Seiten starkes Pamphlet, welches im Verlag Hugo Bruckmann, München, gedruckt wurde - mit "Mein Kampf 1 und 2" wahrscheinlich die einzigen Schriftstücke von Hitler, die zu seinen Lebzeiten in Massendruck gegangen sind. Die Brisanz dieses Schriftstückes liegt darin, dass es zwar von Hitler verfasst aber auf Initiative Kirdorfs geschrieben, von diesem finanziert und auch von ihm selbst an seine Freunde und Bekannten aus der Großindustrie verteilt wurde, um Hitler und seiner am wirtschaftlichen Limit lebenden Partei den nötigen finanziellen Background zu besorgen, bis diese 1933 endlich die Macht an sich reißen konnten. Kirdorf hatte sich Ende der 20er aus der aktiven Gestaltung von GBAG und des Kohlensyndikates zurückgezogen und seine Freundschaft zu Adolf Hitler begann im stolzen Alter von 80 Jahren, trotzdem darf man nicht glauben, der Mann sei damals alt und senil gewesen und lediglich von Hitler überrannt und benutzt worden. Die Initialzündung der Freundschaft dieser beiden Männer ging nämlich von Kirdorf aus.

Gehen wir also zurück ins Jahr 1927 und schauen etwas genauer hin: Kirdorf wurde bei einer Veranstaltung der NSDAP in Essen 1927 auf Hitler aufmerksam. Er war begeistert von dessen Rede und seinen Ansichten und ließ über Else Bruckmann, eine gemeinsame Bekannte und Frau des Unternehmers Hugo Bruckmann, in dessen Verlag später auch "Der Weg zum Wiederaufstieg" gedruckt werden sollte, ein Treffen arrangieren. Am 4. Juli 1927 kam es dann zur ersten persönlichen Begegnung Kirdorfs mit Hitler, bei dem der Industrielle den Führer der NSDAP bat, seine Gedanken zu Ökonomie und Unternehmertum niederzuschreiben.
Das Verfassen einer neuen Schrift war nötig, weil Hitler in seinem 1924 verfassten Buch "Mein Kampf" die Enteignung der Industrie forderte, um die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen. Eine solche Forderung gegenüber Industriellen wäre ähnlich contraproduktiv gewesen, wie die Forderung zur Vernichtung des Judentums, denn nicht jeder Industrielle war wie Kirdorf ein Antisemit und Judenhasser und bis 1933 war das "jüdische Kapital" ein ernstzunehmender Faktor innerhalb der deutschen Wirtschaft.

So schimmert der Antisemitismus in dem Pamphlet auch nur am Rande durch, nämlich als kurze Bemerkung, das internationale Finanzjudentum müsse bekämpft werden. Ein paar Worte zum Inhalt dieser Schrift: Statt Enteignen zu wollen, bekennt sich Hitler eindeutig zum Privateigentum. Die Arbeiterschaft im Reich soll mit Hilfe des Sozialismus in die Volksgemeinschaft eingegliedert werden; Überwindung der Klassengegensätze durch eine so genannte "Deutsche Einstellung". Darüber hinaus fordert Hitler in der Broschüre die Schaffung neuen Lebensraums; eine Idee, deren Ursprung - ähnlich wie der Bau der Autobahn, fälschlicherweise immer wieder gerne Hitler zugeordnet wird, deren Wurzeln allerdings in der Weimarer Republik und früher liegen. Hitlers "Lebensraumprogramm" war damals bereits vorformuliert und existierte schon vor der Gründung der NSDAP bzw. ihrer Vorgängerpartei DAP und zwar als Forderung des "Alldeutschen Verbandes", der - man mag es kaum glauben - neben der Gründung des Kohlesyndikats auch eine Gründung des Emil Kirdorfs zusammen mit Hugenberg und anderen Verbrechern ist. Das war am 28.September 1890, knapp 43 Jahre vor der Machtergreifung der Nazis, als Emil Kirdorf noch aktiv die Geschicke des Bergbaus und der Ruhrindustrie lenkte.

Die Finanzierung des "Wegs zum Wiederaufstieg" übernahm Kirdorf genauso selbstverständlich wie den Vertrieb unter Freunden, Bekannten und einflussreichen finanzstarken Industriellen. Geld war für die NSDAP damals bitter nötig, denn 1923 hatte Hitler geputscht, die Partei musste aufgelöst werden und das Parteivermögen wurde beschlagnahmt. Hitler wurde in Landshut inhaftiert, wurde allerdings vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. 1925 gründete sich die NSDAP neu. Wenn man sich überlegt, mit welchem Aufwand sich die Partei schon vor der Machtergreifung 1933 mit Aufmärschen und Fackelzügen effektiv in Szene setze, wenn man bedenkt, dass die SA aufgebaut, ausgebildet, mit Uniformen und Waffen versorgt und ernährt werden musste, wird man sich vorstellen können, dass die Parteikassen ständig leer waren und die NSDAP permanent Geld brauchte. Alleine die privaten Aufwendungen Emil Kirdorfs für Hitler belaufen sich auf über 100.000 Reichsmark.

Fritz Thyssen

Abb.: Fritz Thyssen

Weitaus größere Finanzspritzen gab es von den Leuten der Deutschen Industrie, bei denen Kirdorf für Hitler die Türe öffnete, allen voran Fritz Thyssen. Höhepunkt dieser Sponsorensuche war das legendäre Treffen am 26. Januar 1932 mit den führenden Köpfen der Deutschen Wirtschaft im Industrieclub Düsseldorf, ein gutes Jahr vor den Reichstagswahlen, bei denen dann alles anders werden sollte und für deren Wahlkampf man ungeheure Mengen Geld brauchte ...

Schaut man sich die gängigen Kurzbiographien über Emil Kirdorf an, egal ob in gedruckten Lexika oder im Internet, bei Wikipedia, dem deutschen historischen Museum dhm.de oder auch bei der allseits beliebten Route-Industriekultur.de, dann wird aus der Nähe Kirdorfs zu Hitler nie ein Hehl gemacht. Es ist von Freundschaft und Unterstützung die Rede, aber auf das gefährliche Gedankengut, die extremen ideologischen Ansätze, welche hinter der Pioniermaske des Emil Kirdorf stecken, gelangt man gar nicht, oder nur über Verlinkungen. So entsteht bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck, dass da nicht viel gewesen ist. Ein bisschen Reaktionär, ein bisschen Nazi vielleicht, aber das war ja damals fast jeder, außerdem war der Mann schon alt und seine eigentlichen Errungenschaften liegen ganz woanders, nämlich viel früher, im Bergbau und im Ausbau der Ruhrindustrie, bei GBAG und Kohlesyndikat... romantisch verklärendes Ruhrblablabla. Ich habe jetzt ein wenig polemisiert und möchte an dieser Stelle das Forum nutzen, nicht über die Gründungen von GBAG und rheinisch-westfälischem Kohlesyndikat zu berichten, sondern über zwei weitere Gründungen, an denen Emil Kirdorf entscheidend mitgewirkt hat:

1. Der Alldeutsche Verband ADV, (auch Allgemeiner Deutscher Verband oder nur: die Alldeutschen)
Auslöser für die Gründung war die Unterzeichnung des Sansibar-Helgoland-Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und England am 1. Juli 1890, eine Art Tauschgeschäft. Helgoland gehörte den Britten, wurde aber in Blick auf die Rüstungspläne Deutschland - speziell den Aufbau der Marine - als strategisch wichtige Insel vor den Küsten des Reiches in der Nordsee immer interessanter, so dass man in einem Deal die bis dahin deutsche Insel Sansibar gegen die britische Insel Helgoland tauschte. Dies führte zur Empörung vieler national gesinnter Köpfe, die die deutschen Kolonialinteressen nicht zu genüge vertreten sahen.

Alfred Hugenberg

Abb.: Alfred Hugenberg

Als Reaktion gründeten Kirdorf, Hugenberg und andere am 28. September 1890 die Alldeutschen, später unbenannt in Alldeutschen Verband. Man verstand sich als sogenannter "Agitationsverband", der sich zur Aufgabe machte, finanziell und ideologisch auf die Politik Einfluss zu nehmen.
Kirdorfs Alldeutscher Verband wünschte sich den Ausbau der Kriegsflotte in Hinblick auf eine imperialistische Kolonialexpansion. Für das Deutschtum im Ausland sollte gekämpft werden unter Berücksichtigung des Rassegedankens und man forderte "die Zusammenfassung aller deutschen Elemente auf der Erde". Der Alldeutsche Verband entwickelte sich extrem antisemitisch und vertrat ein Deutschtum auf dem Boden des Rassegedanken. Weiterhin forderte man immer wieder die Bekämpfung von Reichsfeinden und Minderheiten. Der Alldeutsche Verband, ist - im Gegensatz zu den meisten Vereinen und Verbänden nach 1933 - aufgrund der NSDAP-Nahen Ideologie und durch Kirdorf als eine seine Gallionsfiguren von den Nazis weder verboten worden, noch der Gleichschaltung zum Opfer gefallen und existierte bis 1939, also noch knapp 2 Jahre über den Tod Kirdorfs hinaus.

Übrigens: Die Gründung der DAP 1919, die sich am 24. Februar 1920 in NSDAP umbenannte, geht u.a. auf Anton Drexler, einem ehemaligen Werkzeugschlosser bei den königlich Bayerischen Staatsbahn-Centralwerkstätte in München, zurück und zwar auf Initiative seines damaligen Mentors Dr. Paul Tafel, Direktoriumsmitglied der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg und Vorstandsmitglied des Bayerischen Industriellenverbandes. Aber Tafel war noch mehr, nämlich Spitzenfunktionär in Kirdorfs Alldeutschen Verband!

2. Der Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte
Ich möchte noch auf eine zweite Gründung eingehen, bei der Emil Kirdorf entscheidend beteiligt war und die für den Aufstieg und die Machtergreifung der Nazis eine große Rolle gespielt hat und zwar auf die "Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte", einem verborgen arbeitenden Zirkel von 12 Personen aus der Schwerindustrie.
Mit von der Partie waren: Albert Vögler - späterer Direktor des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats, Hermann Winkhaus - Generaldirektor des Köln-Neuessener Bergwerkvereins, Franz Heinrich Witthoefft, Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank, Freiherr von und zu Löwenstein - Geschäftsführer des Vereins für die bergbaulichen Interessen, Eugen Wiskott - sein Stellvertreter und neben einigen anderen natürlich Emil Kirdorf und Alfred Hugenberg, der auch schon bei der Gründung der Alldeutschen Hand in Hand mit Kirdorf arbeitete und der von der jetzt zu gründenden Vereinigung am stärksten profitieren sollte. Die Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte verstand sich als eine Reaktion von Rechts auf die Novemberrevolution.

Durch die Ereignisse im November begann nämlich der Umwandlungsprozess des monarchischen Kaiserreiches zur Demokratie der damaligen Weimarer Republik, derer man mit aller Kraft entgegen wirken wollte. Man wollte nicht nur die Interessen der Schwerindustrie vertreten, sondern darüber hinaus einen national gesinnten Presse- und Propagandaapparat aufbauen. Es entstand der Hugenbergkonzern mit der Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte als dessen Dachgesellschaft. Ausgestattet wurde der Hugenbergkonzern mit 33.329.401 Mark, bereitgestellt von der Friedrich Krupp AG, der Gelsenkirchener Bergwerks - AG, dem Zechenverband, der Phoenix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, der Hugo Stinnes GmbH und dem Rheinisch-Westfälisches Kohlensyndikat. Mit dieser ungeheuren Summe baute Alfred Hugenberg, von 1909 bis 1918 Vorsitzender des Direktoriums des Finanzwesens der Firma Krupp, ein Medienimperium auf, das zu dieser Zeit seines gleichen sucht. Hugenberg, Mitglied der rechtsnationalen DNVP gilt als Anhänger des so genannten Pangermanismus (einer ethnisch begründeten Bewegung) und des Germanisierungsgedankens, der vorsah, die außerhalb des Reiches lebenden Deutschen in selbiges zu holen, bzw. den Fremdvölkern den germanischen Gedanken aufzuzwingen oder sie zu verdrängen und zu beseitigen.

Kampffront Schwarz-Weiß-Rot

Abb.: Kampffront Schwarz-Weiß-Rot

Das schnell wachsende Medienimperium kaufte immer mehr Zeitungen und Verlage auf, mit Vorliebe die des Scherl Konzerns, die seinerzeit die auflagenstärksten Printmedien im Reich gewesen sind, des Weiteren die Telegraphenunion, 1927 dann schließlich die Ufa, die Hugenberg von da an als Aufsichtsratsvorsitzender kontrollierte. Die anderen 11 Herren der "Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte", unter ihnen Emil Kirdorf, blieben stillschweigend im Hintergrund, hatten aber die Fäden weiter in der Hand.

Das hugenbergsche Medienimperium war das größte in der Weimarer Republik und eines der effiktivsten Propagandamittel, erst der DNVP, die sich 1933 mit dem Frontsoldatenbund "Stahlhelm" zur "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" zusammenschloss, später auch der NSDAP, alle mit dem Ziel, die Republik abzuschaffen und eine nationale Diktatur zu errichten. Mit der Machtübergabe an die Nazis 1933 werden Ufa und die anderen Medien schließlich dem Propagandaministerium Joseph Goebbels zur Verfügung gestellt.

Emil Kirdorf hat am 13. Juli 1938 in Mülheim an der Ruhr das Zeitliche gesegnet. Er war gern gesehener Gast bei Hitler, wurde auf die Reichsparteitage als Ehrengast geladen und umgekehrt revanchierte sich Hitler mit Besuchen auf Kirdorfs Streihof in Mülheim/Ruhr, das letzte mal zu dessen 90. Geburtstag, bei dem er ihn jedes Mal mit pompösen Fackelzügen ehrte. Auch bei den Trauerfeiern auf Rheinelbe war er zugegen.
Den zweiten Weltkrieg hat Kirdorf nicht mehr miterlebt, für viele ein Grund, in der Beziehung zu Hitler eine reine Männerfreundschaft zu sehen und sich nicht weiter mit dem Nazi Kirdorf auseinanderzusetzen. Kirdorf selbst hat diesen Krieg immer gewollt und alles dafür getan, dass er geführt wird, indem er Hitler und seine Schergen mit den nötigen finanziellen Mitteln ausstatte und alle Gelegenheiten nutze, ihn bei der Deutschen Industrie salonfähig zu machen.

Die Stadt Gelsenkirchen hat sich mit Kirdorfs brauner Vergangenheit auseinandergesetzt und ihm mit Ratsbeschluss vom 8. September 1989 posthum die Ehrenbürgerschaft wieder aberkannt, 44 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges. Zu diesem Zeichen kann man nur gratulieren.

Quellenwerke:
Henry Ashby Turner: Faschismus und Kapitalismus in Deutschland. Göttingen 1972
Allgm. Internetrecherche
Wer sich eingehender mit der Verstrickung Deutscher Industrieller mit dem Naziregime beschäftigen möchte, dem empfehle ich folgendes Buch: Wolfgang Zdral: "Der finanzierte Aufstieg des Adolf H.", 2002 erschienen bei Ueberreuter.
Wikipedia

Ein Beitrag von Johannes Fischer

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Andreas Jordan, Juli 2008

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