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Die geheime Staatspolizei - Gestapo

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Inhaltsübersicht

→ Einleitung
→ Organisatorische Entwicklung - Gründung 1933 und erste Jahre bis 1936
→ - Entwicklung seit 1936
→ - Entwicklung seit 1936
→ - Zusammenschluss zum Reichssicherheitshauptamt 1939
→ Staatspolizeiliche Praxis und Gegnergruppen
→ Gestapo und die NS-Bewegung
→ Gestapo und die deutsche Gesellschaft
→ Nachgeschichte der Gestapo
→ Gestapo als Amt IV des RSHA
→ Dienstgrade
→ Gebäudereste der Topographie des Terrors
→ Brutalisierung und Entzivilisierung - über das staatspolizeiliche Töten
→ Mordwerkzeuge


Einleitung: Die Polizei - dein Feind und Helfer 

Um die Menschen in Deutschland besser kontrollieren zu können, wurde im so genannten "Dritten Reich" die "Geheime Staatspolizei" eingerichtet. Die Geheime Staatspolizei, auch kurz Gestapo genannt, war ein kriminalpolizeilicher Behördenapparat und die politische Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945). Sie entstand 1933 nach der Machtübergabe an Adolf Hitler, der die Umformung der politischen Polizeiorgane der Weimarer Republik vollzog.

Sie bezog ihr Hauptquartier am 26. April 1933 in der Berliner Prinz Albrecht Strasse 8. 1939 wurde die Gestapo in das Reichssicherheitshauptamt (Amt IV) eingegliedert. Als Instrument des NS-Staates besaß sie weitreichende Machtbefugnisse bei der Bekämpfung politischer Gegner, ihre Aufgabe sollte die Bekämpfung aller staatsfeindlichen Bestrebungen sein.

Im April 1934 wurde der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, Chef der Gestapo. Zwei Jahre später unterstand ihm die ganze deutsche Polizei. Die Aufgaben veränderten sich bis 1945 immer wieder. Grundsätzlich war die Gestapo zuständig für: die Beschränkung der persönlichen Freiheit (Verhängung der "Schutzhaft" in Konzentrationslagern), die Überwachung aller politischen Bewegungen, die Verfolgung von Landesverrat und Spionage, die Verfolgung von Attentätern und Überwachung von Ausländern, Emigranten und Juden die Bekämpfung von Homosexualität und Abtreibung und für die Erstellung von Lageberichten.

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Die Mitarbeiter der Gestapo trugen keine Polizeiuniform, sondern gingen in ganz normalen Anzügen täglich in ihr Büro. Ihre Feinde erfanden sie dort jeden Tag aufs Neue und sperrten sie in Konzentrationslager. Über die Menschen, die als verdächtig galten, legte die Gestapo Karteikarten an. Bis 1939 erfasste die Gestapo schon 2 Mio. Personen in ihrer Hauptkartei. Für die Beobachtung der jüdischen Bevölkerung Europas richtete die Gestapo ein "Judenreferat" ein. Von hier aus koordinierte die Polizei die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung und ab 1939 die systematische Vernichtung aller Juden Europas. Die Gestapo wahr die gefährlichst staatliche Organisation des Nationalsozialisms.

Organisatorische Entwicklung - Gründung 1933 und erste Jahre bis 1936 

Als am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, wurde ebenfalls Hermann Göring zum Reichskommissar für das preußische Innenministerium ernannt. Dieser ernennt wiederum am selben Tag den Leiter der politischen Polizeitruppe des preußischen Innenministeriums (3 Referate der Abteilung II), Rudolf Diels, zum Leiter der Abteilung I A, der politischen Polizei Preußens, deren Hauptaufgabe die Beobachtung und Bekämpfung politischer Gegner war. Am 3. März 1933 hob eine preußische Ministerialverordnung die bis dahin geltenden Kompetenzbeschränkungen der Polizei auf. Damit war ein erster Schritt zur Entlassung der Gestapo aus der Bindung an die Gesetze vollzogen.

Am 11. April wurde Göring auch preußischer Ministerpräsident. Mit seinem Erlass vom 26. April 1933 wurde die Preußische Geheimpolizei aus dem Polizeiapparat ausgegliedert und das Geheime Staatspolizeiamt (Gestapa) gebildet, welches dem preußischen Minister des Innern (Göring) direkt unterstellt war und die Stellung einer Landespolizeibehörde hatte. Diels sagte einmal über die Bezeichnung Gestapa/Gestapo, es sei eine selbstständige Erfindung der Reichspost gewesen, die den langen Namen der Dienststelle eigenmächtig abgekürzt und die verwendeten Laufstempel damit versehen habe. Mit dem zweiten Gestapo-Gesetz vom 30. November 1933 wurde die Gestapa ein völlig selbstständiger Zweig der inneren Verwaltung, welche direkt dem Ministerpräsidenten (Göring) unterstellt war. Mit Erlaß vom 9. März 1934 übertrug Göring auch die oberste Leitung der Landespolizei vom Amt des Preußischen Innenministers auf das Amt des Preußischen Ministerpräsidenten bevor mit 1. Mai 1934 Wilhelm Frick auch preußischer Innenminister wurde.

Bild: Passierschein von 1936

Bild: Passierschein für das Geheime Staatspolizeiamt von 1936

In den ersten Jahren der NS-Herrschaft war der Machtkampf um die Leitung der politischen Polizei im Reich noch nicht entschieden. Von 1933 bis 1936 kommt es zu Rivalitäten bezüglich der Umstrukturierung und Leitung der Polizeieinheiten, vor allem zwischen Hermann Göring, Heinrich Himmler und Reichsinnenminister Wilhelm Frick. Heinrich Himmler hatte, ausgehend von Bayern, bis April 1934 nach und nach die Zuständigkeiten für die politische Polizei in den nicht-preußischen Ländern (bis auf das kleine Schaumburg-Lippe, welches erst nach Preußen folgte) auf seine Person vereint. Am 1. April 1934 wurde Diels als preußischer Gestapo-Chef entlassen und am 20. April 1934 wurde Heinrich Himmler, Inspekteur und stellvertretender Chef der preußischen Gestapa, tatsächlich hatte er aber schon die Befehlsgewalt. Die direkte Leitung wurde an Reinhard Heydrich, zuvor Chef der Bayrischen Politischen Polizei und dort Himmler unterstellt, übergeben. Jetzt entwickelte sich die Gestapo zu einer flächendeckenden Großorganisation zur Bespitzelung der Bevölkerung und Ausschaltung von Regimegegnern, die eng mit der SS verwoben war. Göring versuchte noch die Gestapo in Preußen wieder unter seine Kontrolle zu bekommen, aber am 20. November 1934 sah er sich genötigt, Himmler die Geschäfte der gesamten preußischen Geheimen Staatspolizei unter dessen alleiniger Verantwortung ihm gegenüber zu übertragen. Göring konzentrierte sich auf den Ausbau der Luftwaffe.

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Organisatorische Entwicklung - seit 1936 

Bild: Gestapo und Schutzpolizei im 'Einsatz'

Bild: Gestapo und Schutzpolizei im "Einsatz"

Am 17. Juni 1936 wurde Heinrich Himmler auf der Grundlage von Hitlers "Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Einsetzung eines Chefs der deutschen Polizei im Reichsministerium des Inneren" zum Chef der gesamten deutschen Polizei. Damit waren die unterschiedlichen Polizeiverbände wie Schutzpolizei, Gendarmerie und Gemeindepolizei nicht mehr unter einer Aufsicht der Innenministerien der Länder, sondern die Polizei wurde zentralisiert. Offiziell war er Innenminister Wilhelm Frick unterstellt, faktisch war er aber nun der zweitmächtigste Mann im Staat und strukturierte die Polizeiverwaltung grundlegend um. Mit 20. August 1943 wurde er dann auch Reichsinnenminister. Himmler hat die "Ordnungspolizei" und die "Sicherheitspolizei" separat untergliedert. Ihm wurde die Gestapo nun auch nominell unterstellt. Insbesondere die Staatspolizeistellen (politische Polizei) in den nicht-preußischen Ländern wurden zu diesem Zeitpunkt eindeutig der Gestapo zugeordnet, wenngleich die Gauleiter, wie zum Beispiel in Hamburg, noch immer Einfluss auf die Arbeit der Staatspolizeistellen nahmen. Die Gestapo wurde mit der Kriminalpolizei in dem Amt Sicherheitspolizei (Sipo) zusammengelegt, deren Leitung wiederum Reinhard Heydrich übernahm. Unmittelbar zuständig für die Bekämpfung der Regimegegner war die Gestapo als Abteilung II (Politische Polizei), deren Leitung Heinrich Müller innehatte. Zusätzlich wurde die Gestapo nun zu einem Repressionsinstrument, um gegen die politischen Gegner des Nationalsozialismus vorzugehen. Juden, Homosexuelle, so genannte "Asoziale" und "Arbeitsscheue" gerieten in ihr Visier.

Organisatorische Entwicklung - Zusammenschluss zum Reichssicherheitshauptamt 1939 

1939 erfolgte die nächste Änderung: Gestapo und Kriminalpolizei wurden als Teile der Sicherheitspolizei mit dem Sicherheitsdienst (SD) zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammengeschlossen. Die Gestapo firmierte nun als Abteilung IV des RSHA mit der Bezeichnung "Gegnerbekämpfung" und stand neben den Abteilungen für "Gegnerforschung", "Deutsche Lebensgebiete" und dem ehemaligen Auslandsdienst, die alle aus dem SD hervorgegangen waren. Diese Position im Gefüge des NS-Staats sollte die Gestapo bis 1945 behalten. Die Gestapo war damit bis zu ihrer Auflösung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Teil eines Machtkonglomerats geworden, in dem die Unterscheidung zwischen eigentlicher Polizeibehörde und den zur SS, also einer politischen Organisation, gehörenden Organisationseinheiten kaum mehr möglich war.

Parallel zum Wandel der Unterstellungsverhältnisse veränderte sich auch die Binnengliederung der Gestapo: Nach Gründung gliederte sie sich in zehn Dezernate, von denen eins für Generalia und eines für Schutzhaftsachen zuständig war. Die übrigen acht Dezernate hatten zur Aufgabe, je eine politische Bewegung zu überwachen. An diesem Organisationsprinzip hielt die Gestapo auch fest, nachdem sie Himmler und Heydrich unterstellt worden war, und jetzt aus drei Hauptabteilungen (Verwaltung, Politische Polizei, Abwehrpolizei) bestand. Als sie 1936 mit der Kriminalpolizei zur Sicherheitspolizei zusammengefasst wurde, entstand ein Amt für Verwaltung und Personal, das die Belange beider Polizeieinrichtungen regelte. Der Zusammenschluss der Sicherheitspolizei mit dem SD zum RSHA veränderte an dieser Aufteilung nichts, so dass die Gestapo dem Geschäftsverteilungsplan nach eine Fachabteilung im RSHA bildete. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Fachreferate, die sich auf die Verfolgung je einer Gegnergruppe konzentrierten, ergänzt durch Länderreferate, die für die besetzten Gebiete zuständig waren. Die Abwehrpolizei schließlich wurden in das Referat Grenzpolizei umbenannt und überwachte das Zoll- und Einreisegeschehen.

Mit diesen organisatorischen Veränderungen und dem steigenden Aufgabenumfang einhergehend, nahm die Mitarbeiterzahl der Gestapo zu. War das Geheime Staatspolizeiamt 1933 mit unter 50 Mitarbeitern eine Stabsorganisation zur Koordination der während der Konsolidierungsphase des Regimes durchgeführten Unterdrückungsmaßnahmen gegen politische Gegner, bot die Gestapo 1935 ein anderes Bild. Mit ungefähr 4.200 Mitarbeitern bildeten das Staatspolizeiamt und die Leitstellen 1935 ihren reichsweit ausgebauten Überwachungs- und Verfolgungsapparat. Für 1937 ist eine Gesamtstärke von 7.000 Bediensteten anzunehmen. Für 1941 waren 14.835 Gestapoangehörige auf den Gehaltslisten verzeichnet, von denen jedoch rund 4.000 außerhalb des Reiches eingesetzt waren. Mit dem Ausbruch des Weltkriegs dehnte die Gestapo ihre Verfolgungsmaßnahmen nicht nur räumlich aus, sondern bekämpfte auch neue Gegnergruppen, womit am Ende des Dritten Reichs nicht weniger als 31.000 Mann beschäftigt waren.

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Staatspolizeiliche Praxis und Gegnergruppen 

Bild:'...für den Obengenannten ordne ich hiermit Schutzhaft bis auf weiteres an...' - Gestapo-Anordnung auf Schutzhaft gegen einen 'unverbesserlichen Homosexuellen'

Bild:'...für den Obengenannten ordne ich hiermit Schutzhaft bis auf weiteres an...' - Gestapo-Anordnung auf Schutzhaft gegen einen 'unverbesserlichen Homosexuellen'

In den Anfangsjahren baute die Gestapo eine intensive innenpolitische Berichterstattung auf. Die verschiedenen Staatspolizeistellen informierten die NS-Behörden ausführlich über die Zustimmung, die das Regime von Seiten der Bevölkerung erfuhr. Diese Tätigkeit wurde 1936 eingestellt und ein Jahr später dem SD übertragen, da den Gestapo-Berichten, die eine brüchige Loyalität der Bevölkerung feststellten, vorgeworfen wurden, einem Defaitismus Vorschub zu leisten. Grundlage hierfür war der Funktionstrennungserlass vom 1. Juli 1937, in dem Heydrich die unterschiedlichen Aufgabenbereiche von SD und Gestapo regelte: Die Gestapo war ausschließlich für die Beobachtung und Bekämpfung von Marxismus, Landesverrat und Emigration und damit dem handfesten politischen Widerstand zuständig. Auf zahlreichen weiteren Gebieten teilten sich beide Geheimdienste die Beobachtung, die vom SD aber nur in Hinblick auf die Stimmungslage der Bevölkerung ausgewertet wurde. Informationen, die er über politische Gegner gewann, reichte er an die Gestapo weiter, die Verfolgungsmaßnahmen einleitete.

Denn deren ausschließliche Aufgabe seit 1936 war die Bekämpfung der politischen und ideologischen Gegner von Regime und Nationalsozialismus. Dabei verfügte sie über ein breites Instrumentarium, das bei verhältnismäßig harmlosen Geldstrafen und Wirtshausverboten anfing und in den seriellen Exekutionen politischer Gegner des NS-Regimes während der letzten Kriegsjahre eine extreme Zuspitzung erfuhr. Allen diesen Maßnahmen war gemeinsam, dass sie ohne Überprüfung der Gerichte oder anderer Verwaltungsbehörden angeordnet und durchgeführt wurden. Nur wenn die Gestapo es für zweckdienlich hielt, beispielsweise bei der Verfolgung prominenter Regimegegner, gab sie die Fälle an die, freilich seit 1933 auch gründlich nazifizierte, Justiz ab.

Wichtigstes Instrument der Gestapo, um politische Gegner des Nationalsozialismus zu bekämpfen, war die so genannte Schutzhaft. Diese diente vor 1933 nur der kurzfristigen Verwahrung von Personen. Durch die Notverordnung nach dem Reichstagsbrand wurden aber Befristung wie richterliche Überprüfung aufgehoben. Durch einen Erlass des Reichsministers des Innern vom 25. Januar 1938 durfte nur das Geheime Staatspolizeiamt in Berlin Schutzhaft anordnen. Diese wurde grundsätzlich in Konzentrationslagern vollstreckt; nicht selten wurde die Gelegenheit genutzt, den politischen Gegner umzubringen. Dies gab der Gestapo ein Instrument in die Hand, unliebsame Justizurteile zu korrigieren: Hatten die Betroffenen eine von den Gerichten verhängte Strafe vollzogen, so wurden sie auf Grund der gleichen Vorwürfe nach ihrer Freilassung in Schutzhaft genommen und in ein Konzentrationslager eingewiesen.

Die Bekämpfung von politischen Gegnern war ein Schwerpunkt der Arbeit der Gestapo. In den Anfangsjahren infiltrierte die Gestapo konspirative Gruppen, die sich aus den verbotenen politischen Parteien entwickelt hatten. Dabei wurden Mitglieder dieser Organisationen durch Drohung und materielle Vorteile zur Kooperation bewegt. Diese V-Leute sorgten dafür, dass ein organisierter Widerstand vor Kriegsbeginn zerschlagen wurde. Um politische Gegnergruppen in den späteren Jahren zu bekämpfen, wurden Sonderkommissionen eingesetzt, so zum Beispiel nach der Ermordung Heydrichs oder dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Informationen wurden in brutalen Foltern erzwungen und in den anschließenden Prozessen verwendet. Die Aufdeckung der Roten Kapelle wollte die Gestapo nutzen, um den sowjetischen Kriegsgegner in Zusammenarbeit mit der Wehrmacht mit Funkspielen zu täuschen. Die Gestapo bekämpfte auch kritische Meinungsäußerungen zum Regime, die durch das Heimtückegesetz für illegal erklärt worden waren, wofür sie Denunziationen nutzte.

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Parallel zu der Bekämpfung von politischen Gegnern, die der Stabilisierung des Regimes dienen sollte, fanden auch die ideologischen Ziele des NS Eingang in die Arbeit der Gestapo, so dass auch weltanschauliche Gegner wie zum Beispiel Homosexuelle oder "Arbeitsscheue" ins Visier der Geheimpolizei gerieten. Die Maßnahmen gegen Homosexuelle verschärften sich im Laufe des Dritten Reichs massiv. Verließ sich die Gestapo in den Anfangsjahren des Regimes noch auf Razzien in der Szene und gab die meisten Fälle an die Justiz weiter, so setzte sie in späteren Jahren auf Denunziation und setzte eine rücksichtlose Inhaftierung in Konzentrationslagern durch. Zynischerweise wurde ihnen die Wahl zwischen Kastration und weiterer Inhaftierung gelassen. Sogenannte Asoziale wurden in den Anfangsjahren mit Schutzhaft drangsaliert, später bündelte die Gestapo diese Verfolgungsmaßnahmen. 1940 wurden sogenannte Arbeitserziehungslager (AEL) eingerichtet, in denen Menschen wegen "Nichterfüllung ihrer Arbeitspflicht" eingeliefert werden konnten. Nach einem Runderlass des Reichsführers-SS vom 15. Dezember 1942 wurden zusätzlich in den größeren Betrieben, in deren Nähe kein Arbeitserziehungslager war, Erziehungslager unter Leitung der Staatspolizeileitstellen eingerichtet, in denen die Häftlinge durch Angehörige des Werkschutzes bewacht wurden.

Während des Kriegs erweiterte die Gestapo ihre Verfolgungsmaßnahmen auf neue Gegnergruppen. Die zahllosen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter mussten überwacht werden, was ungefähr die Hälfte des Personals band. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen dabei Bummelei, Sabotage in den Betrieben und Arbeitsniederlegungen sowie unerlaubter Umgang mit Deutschen, beispielsweise Geschäfte auf dem Schwarzmarkt oder sexueller Verkehr. In der zweiten Kriegshälfte organisierte sich der Widerstand der Zwangsarbeiter entweder konspirativ in den Betrieben oder, im Falle von entflohenen Zwangsarbeitern, in Form kleiner Gruppen, die sich in den Großstädten versteckten. Die Gestapo griff daraufhin zu immer brutaleren Methoden, gerade osteuropäische und sowjetische Zwangsarbeiter wurden zahlreich und ohne Gerichtsverfahren exekutiert. Auch in den besetzten Ländern war die Gestapo tätig und bekämpfte die dortigen Widerstandsbewegungen. Die brutale Behandlung ganzer Bevölkerungskreise sollte eine direkte Fortsetzung in Deutschland finden, nachdem sich die Wehrmacht aus immer mehr Ländern hatte zurückziehen müssen. Während der letzten Kriegsmonate exekutierte die Gestapo vielerorts unterschiedlos ihre Gefangenen, bevor die Orte von alliierten Truppen eingenommen wurden.

Zudem übernahm die Gestapo während des Zweiten Weltkriegs entscheidende Funktionen im Zusammenhang mit der Verfolgung, Deportation und Ermordung der europäischen Juden. Wie auch andere Polizeiformationen wurden Gestapo-Männer zu den Einsatzgruppen abkommandiert, die hinter der Front summarische Exekutionen durchführten. Doch die wichtigere Rolle bei der Ermordung des europäischen Judentums spielte die Gestapo nicht in den neu eroberten Gebieten, sondern in Berlin, dem politischen Zentrum des Dritten Reichs. Das berüchtigte Judenreferat unter Adolf Eichmann war eine Gestapo-Dienststelle (IV B 4) im RSHA, von wo aus die anti-jüdischen Maßnahmen koordiniert wurden. Die Deportation deutscher Juden wurde unter der Federführung der Gestapo als arbeitsteiliger und bürokratischer Prozess durchgeführt, in dem die Geheimpolizei eng mit der Reichsbahn zusammenarbeitete und sich der lokalen Polizeidienststellen bediente.

Ihren Abschluss fand diese generalstabsmäßige Vernichtung in der Fabrikaktion, an deren Planung und Durchführung die Gestapo ebenso maßgeblich beteiligt war. Doch auch vorangegange Diskriminierungsmaßnahmen wie zum Beispiel die Einweisung in Judenhäuser wurden von der Gestapo geplant und von den Stapoleitstellen implementiert.

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Gestapo und die NS-Bewegung 

Die Führungselite der Geheimpolizei rekrutierte sich aus einem überwiegend bürgerlichen Hintergrund. Es handelte sich dabei um junge Karriereakademiker, die fast ausnahmslos Juristen und zu einem erheblichen Teil promoviert waren. Bis auf wenige Ausnahmen hatten alle Stapo-Stellenleiter ein Abitur. Zu diesem hohen Bildungsstand kamen, wie die zeitgeschichtliche Forschung herausgearbeitet hat, nicht selten eine Distanz zu den ideologischen Positionen des Nationalsozialismus. Als Generation der "neuen Sachlichkeit", die ihre politische Sozialisation in den 20er Jahren gewonnen hatte, waren ihre Mitglieder karriereorientiert, elitär und anti-republikanisch. Sie stellten die Effektivität und Effizienz des staatlichen Verwaltungshandelns über eine Einhegung durch Grundrechte und rechtsstaatliche Prinzipien.

Diese Mentalität zeigt sich an der Mitgliedschaft von Gestapo-Angehörigen in politischen Organisationen. Ein wesentlicher Teil, etwa zwei Drittel, war in einer NS-Organisation engagiert. In der Zentrale setzte sich frühzeitig eine enge Bindung an den SS-Staat durch: 49,9 % der Mitglieder gehörten der SS an, 31,1 % dem SD und damit den elitärsten Organisationen innerhalb der NS-Bewegung. Gerade diese Mitgliedschaften begründeten ein besonderes Treuverhältnis, denn diese Gestapo-Angehörigen waren Himmler nicht nur als Dienstherrn, sondern auch in seiner Funktion als Reichsführer SS unterstellt. Demgegenüber taten sich zwischen den regionalen Dienststellen erhebliche Unterschiede auf, beispielsweise gehörten viele Gestapo-Angehörige in den westfälischen Ablegern der SA an. Die enge Verzahnung zwischen eigentlich staatlicher Gestapo und dem SD als Geheimdienst der NS-Bewegung zeigte sich auch in einem regen personellen Austausch zwischen beiden Organisationen.

Rapider personeller Ausbau der Gestapo, Personalauswahl und Durchdringung durch die NS-Bewegung beeinflussten sich gegenseitig: In den Anfangsjahren wurde hauptsächlich aus dem Polizeidienst rekrutiert, und es wurde auf die Mitgliedschaft in einer NS-Organisation gedrängt. In den späteren Jahren kehrte sich dieser Zusammenhang um. Das fachlich hohe Qualifikationsniveau konnte nicht mehr gehalten werden und in Schnellkursen ausgebildete SS-Männer traten in den Dienst ein, so dass de facto die SS-Mitgliedschaft zu einem wichtigen Kriterium der Personalauswahl wurde.

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Gestapo und die deutsche Gesellschaft 

Dokument: Geheime Staatspolizei, Außendienststelle Gelsenkirchen. (Damals in der Munckelstraße) Vernehmungsbogen von Alfred Zingler

Dokument: Geheime Staatspolizei, Außendienststelle Gelsenkirchen. (Die Gestapo-Dienststelle befand sich damals u. a.in der Munckelstraße) Vernehmungsbogen von Alfred Zingler

Allerdings bewertet die historische Forschung die Gestapo, ihrem erheblichen Personalzuwachs zum Trotz, nicht mehr wie noch in den 50er und 60er Jahren als eine allmächtige Organisation, die quasi die gesamte deutsche Gesellschaft flächendeckend observierte. Dieser "Gestapo-Mythos" wurde von Heydrich und anderen Mitarbeitern in der Öffentlichkeit gepflegt, um die Wirkung der Verfolgungsmaßnahmen zu übertreiben. Er entsprach aber nicht der Realität. Vielmehr kamen in der am besten observierten Großstadt, Berlin, rund 4.000 Einwohner auf einen Gestapobeamten, in der preußischen Provinz musste sich ein Geheimdienstmitarbeiter um die regimefeindlichen Bestrebungen von 25.000 Bewohnern kümmern. Die Gestapo konnte sich somit nicht nur auf ihre eigenen Operationen verlassen, da ihr Personal dafür nicht ausreichte, sondern war auf Zuarbeit aus der Bevölkerung angewiesen. Dies erfolgte durch das Anwerben von V-Leuten, während des Zweiten Weltkriegs aber verstärkt durch Denunziationen, die aus der Mitte der Bevölkerung kamen.

V-Leute wurden von der Gestapo in erster Linie in den gegenüber dem Nationalsozialismus resistenten Gruppen wie der sozialdemokratisch oder kommunistisch geprägten Arbeiterschaft oder dem katholischen Milieu geworben. Während des Kriegs rekrutierte die Gestapo V-Leute auch aus dem Kreis der Zwangsarbeiter, um diese Gruppe besser kontrollieren zu können. Als wichtigste Motive der V-Leute zur Mitarbeit sind Drohung mit Schutzhaft, materielle Vorteile und ideologische Überzeugung zu nennen. Entsprechend unterschiedlich gestaltete sich die Kooperation zwischen V-Leuten und Gestapo: Hinhaltende Informierung der Gestapo, um die Mitglieder der eigenen Gruppe zu schützen, stand neben aktiver Mitarbeit bei der Verfolgung.

Die Machtbefugnisse der Gestapo leiteten sich hauptsächlich aus der "Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat" ab, die am 28. Februar 1933, dem Tag nach dem Brand des Reichstags, erlassen worden war. Diese Verordnung gestattete der Polizei, Verdächtige ohne ordnungsgemäßes Verfahren auf nahezu unbegrenzte Zeit in "Schutzhaft" zu nehmen, und setzte darüber hinaus die meisten bürgerlichen Rechte außer Kraft. Zum Beispiel kam es immer wieder vor, daß die Gestapo Personen, die vor Gericht freigesprochen worden waren, erneut verhaftete. Diese Umstände verschärften die Angst, mit der Polizei in Berührung zu kommen, obwohl diese gar nicht über hinreichend eigene Mittel verfügte, die Bevölkerung flächendeckend zu überprüfen und zu überwachen.

Ende 1944 standen im gesamten Reichsgebiet nur ca. 32.000 Personen im Dienst der Gestapo, darunter rund 3.000 Verwaltungsbeamte und 13.500 Arbeiter und Angestellte. Nur ungefähr die Hälfte des gesamten Personals, nämlich 15.500 Personen, nahmen aktiv Polizeifunktionen war, d.h. die im Außendienst tätigen Gestapobeamten waren zwangsläufig dünn gesät. So verfügte etwa die Gestapo in Köln nach einer 1937 erstellten Übersicht nur über 79 Beamte; die "Zentraldienststelle" in Münster beschäftigte 81 Beamte - wozu weitere zwölf in Gelsenkirchen, acht in Recklinghausen, vier in Bottrop und einige weitere in ein paar anderen kleinen Außenstellen kamen. Die Gestapostelle Düsseldorf hatte 126 Beamte, dazu je 43 in Essen und Wuppertal, 28 in Duisburg, 14 in Oberhausen, 11 in Mönchengladbach.

In den meisten kleineren Städten und praktisch sämtlichen Dörfern der Region fehlten reguläre Gestapobeamte zur Überwachung der vielen Millionen Menschen. Im übrigen handelte es sich vielerorts bei den offiziel als Gestapo-"Mitglieder" geführten Männern nicht immer um hauptamtlich tätige Beamte, sondern vielfach um Verwaltungsbedienstete, die neben zahlreichen anderen Aufgaben auch die lokalen Funktionen der politischen Polizei versahen. Ebensowenig gehörten ursprünglich alle Gestapobeamten der SS oder auch nur der Partei an - obwohl im Lauf der Zeit die meisten der einen oder anderen nationalsozialistischen Organisation beitraten. Hatte die Gestapo ihre Beamten anfangs im großen und ganzen von der Weimarer Republik übernommen, so dürfte deren Zahl bis zum Ausbruch des Krieges durch die vermehrte Einstellung hauptamtlicher Kräfte angestiegen, dann aber durch Einberufungen zur Wehrmacht schon bald wieder zurückgegangen sein. Daß die Gestapo bei diesem beschränkten Personalbestand ihre vielen, sich ständig ausgeweiteten Aufgaben ohne Beihilfe von außen strukturell wohl kaum bewältigt hätte, liegt auf der Hand.

Als eine weitere Quelle erschloss sich die Gestapo Denunziationen, also Hinweise aus der Bevölkerung zu Verbrechen. Diese betrafen zumeist Handlungen und Äußerungen, die von dem Regime kriminalisiert wurden, beispielsweise wurden politische Bewertungen der Beschuldigten weiter getragen und bildeten die Grundlage für Ermittlungen, Schutzhaftverfahren und Prozesse. Dabei wandten sich die Denunzianten selten direkt an die Gestapo, vielmehr wurden die Anzeigen häufig von der Schutzpolizei oder von Partei weiter gegeben. Gerade die NS-Organisationen nutzten die ihnen zugetragenen Informationen auch nach eigenem Gutdünken und gaben diese erst anschließend an die Gestapo weiter. Auch wenn keine Zahlen für das gesamte Reichsgebiet vorliegen, so zeigen zahlreiche Lokalstudien die überragende Bedeutung der Denunziationen für die Praxis der Gestapo. Manche Historiker spitzten dies zu der These zu, dass die deutsche Gesellschaft während des Dritten Reichs eine "sich selbst überwachende Gesellschaft" sei, da die Mehrheit der Bevölkerung die Ziele Hitlers geteilt habe.

Gelang es der Gestapo also scheinbar erhebliche Teile der Bevölkerung für das Regime in Dienst zu stellen, so erwiesen sich Denunziationen in der Praxis als problematisch. Ähnlich wie bei der Rekrutierung von V-Leuten kann von einer erheblichen Bandbreite an Denunzianten, Beschuldigten und mutmaßlichen Motiven für Denunziationen ausgegangen werden. Aus der Vielzahl von Einzelfällen hat die Geschichtsforschung freilich ein häufig wiederkehrendes Muster herausgearbietet: Denunziationen gingen zu einem erheblichen Teil von obrigkeitshörigen, wenig vermögenden, einkommens- und bildungsschwachen sozialen Kreisen aus und richteten sich überdurchschnittlich häufig gegen höhere Strata der Gesellschaft. Auch die Gestapo erkannte diese Instrumentalisierung der Denunziation zum Ausleben sozialer Konflikte, ohne dieser Schwierigkeit in der staatspolizeilichen Praxis begegnen zu wollen.

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Nachgeschichte der Gestapo  

Die Gestapo war in den Nürnberger Prozessen zu einer verbrecherischen Organisation erklärt worden. Hohe Funktionsträger mussten sich in den Nachfolgeprozessen verantworten oder wurden im europäischen Ausland für ihre Taten verurteilt. Das Verhalten der mittleren und unteren Ränge wurde durch die Spruchkammerverfahren juristisch bewertet, was in vielen Fällen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst unmöglich machte. Für die meisten ehemaligen Gestapomitglieder bedeutete das Ende des Zweiten Weltkriegs also einen scharfen Einschnitt, auch wenn sie untertauchten oder aus Deutschland flohen.

Nicht selten mussten ehemalige Gestapo-Angehörige in den ersten Nachkriegsjahren mit dequalifizierten Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt bestreiten. 1951 amnestierte der amerikanische Hochkommissar John McCloy zahlreiche von ihnen, der im gleichen Jahr in das Grundgesetz eingefügte Artikel 131 erleichterte die Wiederanstellung von belasteten Beamten. In Folge dieser Entscheidungen rückten in den 50er Jahren zahlreiche ehemalige Gestapo-Mitarbeiter wieder in die Polizei- und Justizapparate der Bundesrepublik ein. Es kann also von einer schleichenden und stillen Integration der Mitarbeiter dieser Organisation des Dritten Reichs in die Gesellschaft Nachkriegsdeutschlands gesprochen werden, da diese nach 1945 weder durch politische Äußerungen noch durch Trauerarbeit, also eine Reflexion ihrer eigenen Rolle im NS-Staat, auffielen.

Auch über den Zweiten Weltkrieg hinaus wurde bzw. wird der Begriff "Gestapo" für ähnliche Einrichtungen in anderen Ländern verwendet. Noch heute wird das Sicherheitsbüro der französischen Fremdenlegion (Légion étrangère) von vielen (ehemaligen) Fremdenlegionären mit Gestapo oder Deuxième Bureau bezeichnet. Eine der wichtigsten Überlieferungen zur Gestapo lagert im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, wo die Tätigkeit dieser Geheimpolizei im Rheinland dokumentiert ist.

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Gestapo als Amt IV des RSHA 

Im Geschäftsverteilungsplan vom März 1941 stellt sich die Gestapo als Amt IV organisatorisch und personell wie folgt dar:

Amt IV (Gegnererforschung und -bekämpfung – Geheimes Staatspolizeiamt) SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Heinrich Müller (später Gruppenführer) (Vertreter: SS-Oberführer und Oberst der Polizei Wilhelm/Willi Krichbaum)

IV A (Gegnerbekämpfung): SS-Obersturmbannführer und Oberregierungsrat Friedrich Panzinger

IV A 1 (Kommunismus, Marxismus und Nebenorganisationen, Kriegsdelikte, illegale und Feindpropaganda): SS-Sturmbannführer und Kriminaldirektor Josef Vogt, ab August 1941 SS-Hauptsturmführer Dr. Günther Knobloch als Sachbearbeiter für die "Ereignismeldungen der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR"

IV A 2 (Sabotageabwehr, Sabotagebekämpfung, Politisch-polizeiliche Abwehrbeauftragte, Politisches Fälschungswesen): SS-Hauptsturmführer und Kriminalkommissar Horst Kopkow (1939 SS-Obersturmführer Bruno Sattler, ab Sommer 1940 SS-Sturmbannführer Kurt Geißler)

IV A 3 (Reaktion, Opposition, Legitimismus, Liberalismus, Emigranten, Heimtücke-Angelegenheiten – soweit nicht IV A 1): SS-Sturmbannführer und Kriminaldirektor Willy Litzenberg

IV A 4 (Schutzdienst, Attentatsmeldung, Überwachungen, Sonderaufträge, Fahndungstrupp): SS-Sturmbannführer und Kriminaldirektor Franz Schulz

IV B (Sekten): SS-Sturmbannführer Albert Hartl

IV B 1 (Politischer Katholizismus): SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Erich Roth

IV B 2 (Politischer Protestantismus, Sekten): SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Erich Roth

IV B 3 (Sonstige Kirchen, Freimaurerei): zur Zeit unbesetzt, ab Dezember 1942 Otto-Wilhelm Wandesleben

IV B 4 (Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten): SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann

IV C (Karteiwesen): SS-Obersturmbannführer und Oberregierungsrat Dr. Fritz Rang

IV C 1 (Auswertung, Hauptkartei, Personenaktenverwaltung, Auskunftstelle, A-Kartei, Ausländerüberwachung, Zentrale Sichtvermerkstelle): Polizeirat Paul Matzke

IV C 2 (Schutzhaftangelegenheiten): SS-Sturmbannführer, Regierungs- und Kriminalrat Dr. Emil Berndorff

IV C 3 (Angelegenheiten der Presse und des Schrifttums): SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Dr. Ernst Jahr

IV C 4 (Angelegenheiten der Partei und ihrer Gliederungen): SS-Sturmbannführer und Kriminalrat Kurt Stage

IV D (Besetzte Gebiete): SS-Obersturmbannführer Dr. Erwin Weinmann

IV D 1 (Protektoratsangelegenheiten, Tschechen im Reich): Dr. Gustav Jonak, ab September 1942 SS-Sturmbannführer Dr. Bruno Lettow, ab November 1943 SS-Obersturmbannführer Kurt Lischka

IV D 2 (Gouvernementsangelegenheiten, Polen im Reich): Regierungsrat Karl Thiemann, ab Juli 1941 SS-Obersturmbannführer und Oberregierungsrat Dr. Joachim Deumling, ab Juli 1943 SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Harro Thomsen

V D 3 (Vertrauensstellen, Staatsfeindliche Ausländer): SS-Hauptsturmführer und Kriminalrat Erich Schröder, ab Sommer 1941 SS-Sturmbannführer Kurt Geißler

IV D 4 (Besetzte Gebiete: Frankreich, Luxemburg, Elsaß und Lothringen, Belgien, Holland, Norwegen, Dänemark): SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Bernhard Baatz

IV E (Abwehr): SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Walter Schellenberg; ab Juli 1941 SS-Sturmbannführer Walter Huppenkothen

IV E 1 (Allgemeine Abwehrangelegenheiten, Erstattung von Gutachten in Hoch- und Landesverratssachen, Werkschutz und Bewachungsgewerbe): SS-Hauptsturmführer und Kriminalkommissar Kurt Lindow

E 2 (Allgemeine Wirtschaftsangelegenheiten, Wirtschaftsspionageabwehr): Regierungsamtmann Sebastian

IV E 4 (Abwehr Nord): Kriminaldirektor Dr. Ernst Schambacher

IV E 5 (Abwehr Ost): SS-Sturmbannführer und Kriminaldirektor Walter Kubitzky

IV E 6 (Abwehr Süd): SS-Hauptsturmfüher und Kriminalrat Dr. Schmitz

IV P (Verkehr mit ausländischen Polizeien) Kriminalrat Alwin Wipper (ab August 1941)

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Dienstgrade 

Die Gestapo verwendete die Dienstgrade der Sicherheitspolizei, um der Öffentlichkeit eine Zugehörigkeit zur staatlichen Polizei zu suggerieren. Die Einstellung in den gehobenen Kriminalpolizeidienst erfolgte nach einer Eingangsprüfung als Kriminalkommissaranwärter. Nach etwa einem Jahr wurde der Anwärter zu einem neunmmonatigen Lehrgang an die Führerschule der Sicherheitspolizei (Sipo) in Berlin-Charlottenburg abgeordnet. Nach Bestehen der Prüfung zum Kriminalkommissar war die unmittelbare Beförderung zum Hilfskriminalkommissar obligatorisch. Die Zuweisung eines Dienstposten (und damit die Weiterbeförderung zum Kriminalkommissar auf Probe) folgte in der Regel innerhalb weniger Tage. Nach etwa sechsmonatiger Bewährungszeit stand die Beförderung zum außerplanmäßigen Kriminalkommissar an.

Gebäudereste der Topographie des Terrors 

Bild:Zentrale der Gestapo in der ehemaligen Kunstgewerbeschule in Berlin, Prinz Albrecht Strasse 8

Bild: Zentrale der Gestapo in der ehemaligen Kunstgewerbeschule in Berlin, Prinz Albrecht Strasse 8

Als Topographie des Terrors' wird ein seit 1987 bestehendes Museumsprojekt in Berlin bezeichnet. Dabei wird auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße 8, heute Niederkirchnerstraße 8 im Stadtbezirk Kreuzberg, dem Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei in einer ehemaligen Kunstgewerbeschule angestrebt, den Terrorapparat der Nationalsozialisten zu dokumentieren.

In unmittelbarer Nachbarschaft lag das Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102, das seit 1934 zur Zentrale des Sicherheitsdiensts (SD) der SS und ab 1939 auch des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) wurde.

Das vormalige Hotel Prinz-Albrecht, Prinz-Albrecht-Straße 9, war ab 1934 der Sitz der "Reichsführung SS". Dieses Gebäude-Ensemble fasst man heute unter dem Begriff "Prinz-Albrecht-Gelände" zusammen. Die Dokumentationsstätte in der Niederkirchnerstraße 8 zählt zu den staatlichen Museen in Berlin. In diesem Gebäudekomplex gab es Gefängniszellen und Opfer berichteten von Folter bei den Verhören.

Quellenwerk: Wikipedia

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Brutalisierung und Entzivilisierung - Über das staatspolizeiliche Töten 

Die Geheime Staatspolizei entwickelte sich in einem Klima, das trotz vereinzelter Widerstände von grundsätzlicher Duldung und Zustimmung gekennzeichnet war. (1) Die Gestapo wurde seitens der Bevölkerung sogar zur privaten Konfliktlösung instrumentalisiert. (2) Denunziationen in Form von Anzeigen nahmen ein Ausmaß an, das die Arbeitskapazität der Geheimen Staatspolizei in Frage stellte und das Personal dazu zwang, diese Anzeigen zurückzuweisen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. (3)

Das "Geheime" an der Staatspolizei war nicht ihre Existenz, sondern die konkrete geheimpolizeiliche Praxis. So waren z. B. Formen der Beobachtung und Überwachung, die geheimpolizeilichen Definitionsmerkmale des "Staatsgefährlichen", die Realisierungsbedingungen für Drohungen sowie die Folter- und Tötungsmittel und -methoden nur partiell in der Öffentlichkeit bekannt. Zur Aufrechterhaltung dieser Geheimnisbewahrung unterlagen die Angehörigen der Geheimen Staatspolizei dem bürokratie-und organisationsüblichen Verbot der Weitergabe von Amts- oder Dienstgeheimnissen. Mittels Erlaß wurde z. B. geregelt, daß Foltermethoden in den geheimpolizeilichen Vernehmungsprotokollen nicht erwähnt werden durften, (4) und die Polizeigefängnisordnung schrieb generell vor, daß "aus der Anzeige ... nicht ersichtlich sein [soll], daß der Tod im Gefängnis eingetreten ist. Der [Todes-]Ort ist nur nach Straße und Hausnummer zu bezeichnen." (5) Die geheimpolizeilich Verfolgten wurden schriftlich verpflichtet, über ihre Erfahrungen bei den geheimpolizeilichen 'Vernehmungen' zu schweigen; die Post aus den Polizeigefängnissen wurde generell überwacht und zensiert. (6)

Die Geheime Staatspolizei war zunächst reichsweit, (7) dann in fast ganz Europa (8) und teilweise in Übersee (9) präsent. Mit Beginn des Krieges stellte sie einen Teil des Personals der Einsatzgruppen. (10) In dem kurzen Zeitraum vom Herbst 1939 bis zum Frühjahr 1940 töteten die Einsatzgruppen, die hier nach ihren Handlungen als mobile Tötungskommandos (Raul Hilberg) bezeichnet werden, allein in Polen 60000 bis 80000 Menschen." Das Personal der Geheimen Staatspolizei hat insgesamt an der Tötung von mehreren Millionen Menschen mitgewirkt. Als Tötungsstätten dienten polizeiliche Vernehmungszimmer, Gefängnisse der Polizei, die Konzentrations- und Vernichtungslager. Die mobilen Tötungskommandos töteten dort, wo sie ihre Opfer antrafen: in Häusern und Kirchen, häufig wurden die Opfer auch in abgelegene Landstriche gefahren; hier mußten sie ihre Gräber selbst ausheben, bevor sie erschossen wurden. (11)

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Mordwerkzeuge 

Neben Ochsenziemern, Feuerhaken und Hodenquetschapparaten als Foltermittel verfügte die Geheime Staatspolizei über Gewehre, Pistolen und transportable Galgen als Tötungsmittel. Zusammen mit der deutschen Justiz betrieb die Gestapo Hinrichtungsstätten, wo mit Handbeilen und Guillotinen getötet wurde. (12) Das geheimpolizeiliche Töten begann bereits im Jahr 1933; es verbreitete und intensivierte sich mit Beginn des Krieges über fast ganz Europa. (13) Das Töten hatte von 1933 bis 1945 einen festen Platz im Katalog der geheimpolizeilichen Berufshandlungen.

Zu fragen ist also: Wie wurde das Töten als Berufshandlung vom Gestapo-Personal akzeptiert? Um sich der Beantwortung dieser Frage zu nähern, sind die gerade erwähnten Tatsachen zur Entwicklungsdynamik der Gestapo von Bedeutung, weil sie die 'äußeren Umstände' bzw. den Handlungsrahmen für die Tötungspraxis skizzieren. Die Frage nach der Akzeptanz des Tötens als berufliche Handlung setzt weiterführend eine Perspektive und einen spezifisch konzeptionellen Ansatz voraus: Diese Konzeption hat zum Ziel, den Zusammenhang zwischen dem Handeln der Gestapo und den Verfolgten herzustellen. Sie muß prozeßorientiert und menschenzentriert das (Er-)Leben von Menschen in Organisationen berücksichtigen, sich aber nicht darauf beschränken. Dabei dürfen die Außenwirkungen der Organisation nicht vernachlässigt werden, und es müssen damit insbesondere die Verschränkungen des Gestapo-Personals zu anderen Menschen - eben das spezifische Beziehungsgeflecht zwischen den Nicht-Verfolgten, der Gestapo, den Verfolgten und Opfern - erschließbar sein.

Das Konzept der "Figurationssoziologie" erfüllt diese Anforderungen.( 14) "Wenn man von Figurationen spricht, die menschliche Individuen miteinander bilden, dann besitzt man ein Menschenbild und ein begriffliches Handwerkszeug, das wirklichkeitsgerechter ist und mit dessen Hilfe sich die traditionelle Zwickmühle der Soziologie: "Hier Individuum, dort Gesellschaft", die eigentlich auf einem Spiel mit Worten und Werten außerwissenschaftlicher Art beruht, vermeiden läßt." (15) Mit der figurativen Betrachtung der Geheimen Staatspolizei ist es ferner möglich, auch die "Brutalisierung" und "Entzivilisierung" des staatspolizeilichen Handelns zu analysieren.

1 Vgl. Raul Hilberg: Täter, Opfer, Zuschauer. Die Vernichtung der Juden 1933— 1945, Frankfurt/M. 1992, S. 33 ff., 215 ff.; siehe ebenso Hans-Joachim Heuer: Die Geheime Staatspolizei. Über das Töten und die Tendenzen der Entzivilisierung, Berlin 1995, S. 134ff.
2 Vgl. Heuer (Anm. 1), S. 90ff. Dort werden verschiedene Verfahren der Zuarbeit für die Geheime Staatspolizei analysiert und der jeweilige Nutzen dieser Verfahren für die zuarbeitenden Institutionen dargestellt.
3 Vgl. Reinhard Mann: Protest und Kontrolle im Dritten Reich, Frankfurt/M. 1987, S. 295, 299 f.
4 Vgl. Johannes Tuchel/Reinold Schattenfroh: Zentrale des Terrors. Prinz-Albrecht-Straße 8: Hauptquartier der Gestapo, Berlin 1987, S. 176.
5 Vgl. Polizeidienstvorschrift 34 v. 1.1.1941, § 48 Abs. 2
6 Vgl. Tuchel/Schattenfroh (Anm. 4), S. 184.
7 Vgl. den Runderl. zur Neuorganisation der Politischen Polizei v. 26.4.1933 des Ministeriums des Innern.
8 Vgl. Heuer (Anm. 1), S. 63 ff.
9 Vgl. u. a. Friends of Democracy (Hrsg.): (The) Gestapo. Hitlers Secret Police. The Nazi Scourge in Germany, the Conquered Countries, the United States, Kansas City/Miss. 1942.
10 Vgl. Helmut Krausnick: Hitlers Einsatzgruppen. Die Truppen des Weltanschauungskrieges 1938-1942, Frankfurt/M. 1989, S.27f.; vgl. auch Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, 3 Bde., Frankfurt/M. 1990; am Beispiel der 'Einsatzgruppe A' hat Hilberg die Personalzusammensetzung einer Einsatzgruppe dargestellt: 340 Männer Waffen-SS, 172 Kraftfahrer, 18 Verwaltungsbeamte, 35 Angehörige des SD, 41 Beamte der Kriminalpolizei, 89 Beamte der Gestapo, 87 Männer der Hilfspolizei, 133 Ordnungspolizeiangehörige, 13 weibliche Beschäftigte, 51 Dolmetscher, 3 Fernschreibkräfte und 8 Funker (Hilberg, Bd. 2, S. 303).
11 Vgl. u. a. Tuchel/Schattenfroh (Anm. 4), S. 144,154 sowie Adolf Diamant: Gestapo Frankfurt am Main. Zur Geschichte einer verbrecherischen Organisation in den Jahren 1933-1945, Frankfurt/M. 1988, S. 178.
12 Vgl. Diamant (Anm. 11), S. 203ff.; Günther Högl (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945, Dortmund 1992, S. 303 ff.; Reinhard Rürup (Hrsg.): Topographie des Terrors. Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt auf dem 'Prinz-Albrecht-Gelände'. Eine Dokumentation, Berlin 1987, S.82ff.
13 Vgl. u. a. Tuchel/Schattenfroh (Anm. 4), S. 139ff.
14 Vgl. Johan Goudsblom: Soziologie auf der Waagschale, Frankfurt/M. 1979, S. 139ff.
15 Ebd.

Quellenwerk: Hans-Joachim Heuer


Andreas Jordan, November 2008

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