GELSENZENTRUM-Startseite

Die Lebensmittellage in Gelsenkirchen 1939-1945

← Führer, Volk und Vaterland


Das große Sparen - "Schnallt den Gürtel enger"

Das große Sparen - "Schnallt den Gürtel enger", empfahlen die NS-Blockwarte ihren Mitbürgern - begann schon kurz vor Kriegsausbruch. In den letzten Augusttagen 1939 wurden die Deutschen mit der Nachricht überrascht, daß die Bezugscheinpflicht eingeführt sei. Die wichtigsten Lebensmittel, Kohlen und Seife gab es von nun ab nur noch auf Bezugschein, auf Karte. Im Laufe des Krieges wurden weitere Karten für verschiedenste Artikel ausgegeben, angefangen von Kleider-, Raucher- und Brotkarten bis zu Futtermittelscheinen für Hunde.

In der ersten Kriegsperiode erhielt der vom Amt als "Normalversorgungsberechtigter" bezeichnete Bürger, kürzer Normalverbraucher genannt, pro Woche 700 g Fleisch oder Fleischwaren, 280 g Zucker, 110 g Marmelade, 150 g Nährmittel, ferner pro Tag 1 Fünftel Liter Milch und 60 g Milcherzeugnisse, Öle oder Fette. Tee gab es ganze 20 g im Möns: und pro Woche 62,5 g Kaffee oder Kaffee-Ersatzmittel; meist mußte man sich mit "Ersatz" begnügen. Wer genauer nachrechnete, der stellte fest, daß damit die Fett- und Fleischration, die der Bürger im Durchschnitt verbrauchte, im Vergleich zu 1937 auf die Hälfte reduziert war. Schwer- und Schwerstarbeiter, Jugendliche, Kinder und werdende Mütter erhielten Sonderzulagen, aber auch mit denen kamen sie nur knapp aus. Es galt von nun ab die Präambel zur Kriegswirtschaftsversorgung vom 4. September 1939, "daß jeder Volksgenosse sich die notwendigen Einschränkungen in der Lebensführung und Lebenshaltung auferlegt."

Sehr bald wurden dann auch Tabakwaren, Bier, Branntweinerzeugnisse und Schaumwein mit einer Kriegssondersteuer belegt, die allein bei Bier und Tabakwaren 20 Prozent des Verbraucherpreises betrug. Die Höhe der Rationen schwankte im Laufe des Krieges. Die Fleischration sank im Frühjahr 1942 auf 300 g pro Woche, und Fett gab es nur ganze 206 g, so genau auf das Gramm wurden die Zuteilungen offiziell berechnet. Die Händler rundeten beim Wiegen oft nach unten ab, und das gab dann lautstarke Debatten beim Einkauf. Im Frühjahr 1945 hatte der Normalverbraucher nur noch Anrecht auf 250 g Fleisch und 125 g Fett pro Woche und mußte mit 1700 g Brot auskommen, das zudem oft von miserabler Qualität war. Die Erbitterung der Leute über die unzureichende Menge und Güte der Lebensmittel spiegelt sich in zahlreichen "Meldungen aus dem Reich" wider.

Trotz der Androhung hoher Strafen wurde die Korruption auf dem Gebiet der Versorgung von Jahr zu Jahr schlimmer, und immer ungenierter wurden Schwarzmarkt- und Tauschgeschäfte abgewickelt. Eine unheilvolle Folge der Lebensmittelknappheit war die Verschärfung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land, zwischen den Bewohnern der Städte, die schlecht und recht mit ihren auf Karten zugeteilten Lebensmittelmengen auskommen mußten, und den Bauern, die sich für Fleisch, Butter und Geflügel, Gemüse und Kartoffeln alle Dinge eintauschten, die ihnen begehrenswert erschienen. "Denen fehlt nur noch der Teppich im Kuhstall", erklärten damals ergrimmte Städter, die "Hamstertouren" auf die Bauernhöfe machen mußten, um für schwer verdientes Geld, Textilien und Haushaltsartikel kalorienhaltige Nahrung einzutauschen. Nach den verheerenden Luftangriffen der Jahre 1943 und 1944, die Versorgung und Transportwesen zeitweise durcheinanderbrachten, wurden in den betroffenen Städten Nahrungsmittel und simpelste Waren des täglichen Bedarfs knapp.

Quelle: Georg Holmsten, "Kriegsalltag 1939-1945 in Deutschland. Düsseldorf, 1982

↑ Seitenanfang

Die Lebensmittellage im Spiegel der Gelsenkirchener Presse

Brotaufstrich

↑ Seitenanfang

Gelsenkirchener Hausfrauen

↑ Seitenanfang

Kein Knochen darf verloren gehen

↑ Seitenanfang

Topf

↑ Seitenanfang

Gelsenkirchener Frauen helfen

↑ Seitenanfang

Gemüse ist wichtiger als Blumen

↑ Seitenanfang

Kostprobe

Veröffentlichung: Andreas Jordan, Mai 2009

↑ Seitenanfang