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Die Deutsche Bank

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Die Deutsche Bank in der NS-Zeit und die Folgen

Infolge der Besetzung Europas durch das nationalsozialistische Regime expandierte auch die Deutsche Bank und übernahm u. a. 1938 zuerst im Sudetenland, später auch in Böhmen und Mähren, die Böhmische Union-Bank sowie in Österreich bis 1942 komplett die Creditanstalt-Bankverein in Wien. Insbesondere die späteren Geschäfte der Böhmischen Union-Bank waren geprägt durch den Kauf arisierter (d. h. letztendlich enteigneter) Unternehmungen in Osteuropa und den Verkauf vor allem an die Reichswerke Hermann Göring oder an das Wirtschaftsimperium der SS. Auch die Deutsche Bank verdiente am Handel mit dem Gold ermordeter Juden sowie an der Finanzierung von Unternehmen, die in Auschwitz auf der Baustelle Bunawerk der I.G. Farben oder für die dortige SS tätig waren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von den US-Amerikanern erwogen, die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank und der anderen Großbanken in Nürnberg als Kriegsverbrecher anzuklagen, was jedoch nicht geschah, da sie nicht mit einer Verurteilung rechneten. Im Hinblick auf die Verstrickungen der drei deutschen Großbanken, zu denen auch die Dresdner Bank und die Commerzbank zählten, in die Nazi-Verbrechen empfahl die US-amerikanische Militärbehörde OMGUS noch vor den Nürnberger Urteilssprüchen die Zerschlagung dieses Bankengeflechts. In der Ostzone (SBZ) wurden alle Großbanken enteignet und in den Westzonen insbesondere auf Initiative der USA dezentralisiert. Hintergrund hierfür war zum einen das vom New Deal geprägte Misstrauen der amerikanischen Verwaltung gegen eine Machtagglomeration des Big Business, zum anderen die Beteiligung der Großunternehmen an den Verbrechen des Nationalsozialismus.

Dadurch war die Deutsche Bank ab dem 1. April 1948 mit zehn kleineren Regionalbanken tätig.

  • Die Bayerische Creditbank mit Sitz in München
  • Die Disconto Bank mit Sitz in Bremen
  • Die Hessische Bank mit Sitz in Frankfurt am Main
  • Die Südwestbank (Deutsche Bank) mit Sitz in Stuttgart/Mannheim
  • Die Norddeutsche Bank mit Sitz in Hamburg
  • Die Nordwestbank mit Sitz in Hannover
  • Die Rheinisch-Westfälische Bank AG mit Sitz in Düsseldorf
  • Die Oberrheinische Bank mit Sitz in Freiburg im Breisgau
  • Die Rheinische Kreditbank mit Sitz in Ludwigshafen
  • Die Württembergische Vereinsbank mit Sitz in Reutlingen

O.M.G.U.S - Ermittlungen gegen die Deutsche Bank 1946/1947

Wir dokumetieren hier mit einigen kurzen Auszügen aus dem OMGUS-Bericht (Kapitel I, Kapitel II, Kapitel III, Kapitel IX), was den Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, bewogen haben könnte, die 50-Millionen DM-Forderung der Handwerker nach der Pleite der Schneider AG, am 24. Februar 1996, als "Peanuts" zu bezeichnen.

OFFICE MILITARY GOVERNMENT FOR GERMANY; UNITED STATES FINANCE DIVISION - FINANCIAL INVESTIGATION SECTION - O.M.G.U.S.

Militärregierung der Vereinigten Staaten für Deutschland Finanzabteilung - Sektion für finanzielle Nachforschungen -

Kapitel I - Empfehlungen

Es wird empfohlen, daß:

  • 1. die Deutsche Bank liquidiert wird,
  • 2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden,
  • 3. die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden.[1]

Anmerkungen:

[1] Aus der Empfehlung ist bekanntlich nichts geworden. Aber das gilt nur als Fazit nach vier Jahrzehnten westdeutscher Bankengeschichte, nicht für die Jahre, in denen sich Adenauer­Restauration erst einmal durchsetzen mußte. Als Lucius D. Clay, ehemaliger amerikanischer Militärgouverneur für Deutschland, dem von einem DDR-Autor bedrängten Hermann J. Abs schriftlich zu Hilfe eilte, ließ er den zeitweiligen bankpolitischen Erfolg des Deutsche Bank­Report unerwähnt, wohl um das sofortige juristische Scheitern des Vorstoßes seiner Finanz-Abteilung besonders wirken zu lassen. Aus einem Schreiben Clay's an Abs vom 19. April 1971: "Der Bericht über die Deutsche Bank ist von einer Sondergruppe innerhalb der Finanz­Abteilung der Militärregierung verfaßt worden ... Die deutschen Kredit­Institute überprüften die Finanz­Abteilung grundsätzlich im Hinblick auf eine gesetzliche Neuordnung des Bankwesens. Ihr Bericht diente grundsätzlich diesem Zweck.

Die Finanz­Abteilung war nicht zuständig für die Einleitung von Verfahren gegen deutsche Unternehmen oder Personen. Hierfür war die Rechts­Abteilung zuständig. Die Finanz­Abteilung konnte der Rechts­Abteilung Empfehlungen unterbreiten. Mir wären solche Empfehlungen jedoch nur vorgelegt worden, wenn die Rechts-Abteilung diese gebilligt hätte.

Keine von der Rechts­Abteilung ausgegangene oder gebilligte Empfehlung zur Einleitung eines Verfahrens gegen die Deutsche Bank oder irgendein Mitglied ihrer Verwaltung ist mir Jemals vorgelegt oder von mir zum Gegenstand einer Anordnung gemacht worden."
(Dokumentationsstelle zur NS­Sozialpolitik, W. 4.3.1.5. ­ Beglaubigte Übersetzung aus dem Englischen.)

Im Hinblick auf die Bankpolitik der US­Militärregierung sah es anders aus. Mit Hilfe des DB­Reports und weiterer Untersuchungen über die Rolle der Großbanken im Nationalsozialismus gelang es der Finanz­Abteilung, ein Gesetz Nr. 57 durchzusetzen, das die Großbanken von ihren Zentralen abtrennte, regionalisierte und unter Aufsicht stellte. Der erste Schritt zur Wiederherstellung des alten Zustands gelang den Großbanken dann erst 1952.

Vgl. dazu Bundesarchiv Koblenz, OMGUS FINAD, 11/325/4.

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Kapitel II -Zusammenfassung

Die Untersuchung der Deutschen Bank hat ergeben, daß sie eine ungewöhnliche Konzentration wirtschaftlicher Macht darstellte und an der Durchführung der verbrecherischen Politik des Naziregimes auf wirtschaftlichem Gebiet teilgenommen hat. [1]

Die Deutsche Bank war die größte aller deutschen Geschäftsbanken und schwang sich während des Krieges zur größten Bank des europäischen Kontinents auf. Sie besaß 1942 etwa 21 % der Gesamteinlagen und 18,5% des Gesamtvermögens aller 653 Geschäftsbanken des Großdeutschen Reiches. Außerdem errichtete und unterhielt sie ein umfangreiches Netz von Zweigstellen und Filialen nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in den annektierten und besetzten Ländern sowie in den europäischen Satellitenstaaten. Auf dem Gipfel ihrer Macht unterhielt sie im Jahre 1942 etwa 490 Zweigstellen und Depositenkassen, etwa ein Drittel mehr als ihr schärfster Konkurrent, die Dresdner Bank.

Zur Deutschen Bank oder auch zu den anderen Berliner Großbanken gibt es in den Vereinigten Staaten kein Gegenstück. Sie stellte eine Universalbank dar, in ihrer Tätigkeit eine Kombination von kaufmännischem Bankgeschäft und Investitionsgeschäft, und kontrollierte und beeinflußte die Industrie in einem im modernen amerikanischen Bankwesen unbekannten Ausmaß. [2] Sie führte etwa 30% aller Aktienübertragungen der großen deutschen Aktiengesellschaften durch. Sie war die anerkannte Führerin bei der Auflage riesiger Aktien­ und Obligationsemissionen für die deutsche Industrie, und infolge ihrer Position auf dem Wertpapiermarkt wurde sie zur dominierenden Kraft an den führenden Effektenbörsen. Aufgrund des eigentümlichen deutschen Systems des Depotstimmrechtes kontrollierte sie in Unternehmen der Schlüsselindustrien große Aktienpakete und verfügte über ein entsprechendes Stimmrecht, obwohl ihr nur eine Minderheit der Aktien gehörte. Von den auf den Jahreshauptversammlungen eines einzigen Jahres vertretenen Anteilen übte sie bei der AEG für 28%, bei IG­Farben für 38%, bei der DEMAG für 49% und bei den Mannesmann­Röhrenwerken für 53% der Aktien das Stimmrecht aus.

Am greifbarsten ist die Einflußnahme der Deutschen Bank auf Deutschlands Industrie und die von ihr ausgeübte Kontrolle in dem ausgedehnten System von Überkreuzverflechtungen in den Aufsichtsräten. Die führenden Repräsentanten der Bank ­ die Mitglieder des Vorstandes, der Vorsitzende des Aufsichtsrates und die 14 Generalbevollmächtigten traten in die Aufsichtsräte von 379 Industrieunternehmen ein. Allein ihre 11 Vorstandsmitglieder hatten 76 Ämter als Aufsichtsratsvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende in anderen Aktiengesellschaften inne.

Die Anwendung der verschiedenen Mittel, die der Bank für die Kontrolle der Industrie zur Verfügung standen, zeigte sich darin, daß einige Industrieunternehmen de facto von ihr beherrscht wurden. An erster Stelle sind hier zu nennen die Mannesmannröhren­Werke, Deutschlands führender Röhren­ und Blechhersteller, Daimler­Benz, der zweitgrößte Automobilhersteller des Landes, und die Bayerischen Motoren­Werke, die zusammen mit Daimler­Benz während des Krieges für die Luftwaffe etwa zwei Drittel aller Flugzeugmotoren herstellten. In dieser Beziehung spielte die Deutsche Bank eine Rolle, die weit über ihre Stellung als größte deutsche Geschäftsbank hinausging.

Mit ihren Beiträgen zum Wiederaufrüstungsprogramm wies die Deutsche Bank den anderen deutschen Geschäftsbanken den Weg. Sie versorgte das Reich mit riesigen Fonds für Wiederaufrüstungszwecke. [3] So investierte sie im Vorkriegsjahr 1938 bereits ungefähr 35% ihres Gesamtvermögens in Reichspapieren. Sie übernahm alleine oder gemeinsam mit einem Partner die Federführung in praktisch allen größeren Kreditkonsortien, durch welche die Finanzierung des gesamten Wiederaufrüstungsprogramms ermöglicht wurde. Sie lenkte die von ihr direkt kontrollierten Industriezweige in die Produktionsrichtungen, die von der Regierung und der Partei gewünscht wurden.

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Die Deutsche Bank spielte eine führende Rolle unter den Geschäftsbanken bei der Ausbeutung der wirtschaftlichen Reserven der annektierten, okkupierten und zu Satelliten gemachten Länder Europas. Seit dem "Anschluß" im Jahre 1938 ging sie mit großer Aggressivität daran, ihr Bankimperium über die alten Grenzen Deutschlands hinaus auszudehnen. Sie übernahm die Kontrolle über den Creditanstalt­Bankverein Wien, die größte Geschäftsbank in Österreich, die mehr als 40 inländische Zweigstellen hatte. Sie übernahm die Kontrolle über die Böhmische Union­Bank der Tschechoslowakei und bezog etwa 23 Zweigstellen dieser Bank in ihr eigenes Zweigstellennetz ein. Sie gelangte nach dem Fall von Frankreich und Belgien in den Besitz eines Großteils der von der Société Générale de Belgique, einer der größten Holdinggesellschaften Europas, im Bank­ und Industriewesen des Balkans gehaltenen Anteile, und gewann dadurch für sich eine beherrschende Position im Bankwesen der Balkanländer.(4) Die Auslandserwerbungen der Deutschen Bank wurden so umfangreich, daß sich die Zahl ihrer Zweigstellen und Filialen außerhalb Deutschlands von 1938 bis 1941 versechsfachte.

Auch diente die Deutsche Bank der deutschen Regierung mehr als einmal als institutionelle Speerspitze bei der wirtschaftlichen Durchdringung der annektierten, okkupierten und völlig abhängig gemachten Länder Europas. Die Kontinentale Öl AG, die im März 1941 von Göring gegründet wurde, um ein deutsches Ölmonopol in Europa zu schaffen, erwarb den Kern ihres ersten Aktienbesitzes ­die Mehrheitskontrolle über die beiden größten rumänischen Ölgesellschaften ­ von der Deutschen Bank, die vorher, nach dem deutschen Sieg im Westen, diese Anteile von den ehemaligen französischen und belgischen Inhabern übernommen hatte. [5]

Die Deutsche Bank nahm an zahlreichen "Arisierungstransaktionen" in Deutschland sowie in den annektierten, okkupierten und zu Satelliten gemachten Ländern Europas teil und profitierte davon erheblich. Sie übernahm im Jahre 1938 ohne Gegenleistung die gesamte Praxis und Kundschaft des sehr prominenten, "nichtarischen" Bankhauses Mendelssohn & Co. Berlin und gründete im gleichen Jahr ein neues Bankhaus, um das Geschäft der großen privaten, "nichtarischen" Essener Simon­Hirschland­Bank zu übernehmen. [6] Sie gewährte ihren Kunden in großem Umfang Kredite, um sie bei dem Erwerb und der Finanzierung nichtarischen Geschäftseigentums zu unterstützen. Sie beschaffte auch neue "Käufer" für Besitztümer dieser Art und wurde Konkurrentin der Dresdner Bank, deren Aggressivität auf diesem Gebiet im Wettrennen um Provisionen und Profite aus den mit der "Arisierung" verbundenen Transaktionen in Deutschland sprichwörtlich wurde. [7]

Das große Expansionsprogramm der Deutschen Bank wurde während der zwölf Jahre des Naziregimes in erheblichem Umfang durch die Gestaltung enger Beziehungen zu den Ministerien der Regierung und zur Partei sowie zu den angeschlossenen Organisationen verwirklicht. Emil von Stauß, das führende Vorstandsmitglied in den Jahren zwischen 1920 und 1933, hatte Hitler schon frühzeitig unterstützt und unterhielt auch weiterhin eine enge Beziehung zu ihm. Von Stauß stand auch mit Goebbels und Göring auf vertrautem Fuße und wurde im Jahre 1934 zum Vizepräsidenten des Nazi­Reichstages ernannt. [8] Drei zuverlässige Parteigenossen wurden während des Naziregimes eingeladen, dem Vorstand beizutreten ­ der SA­Oberführer Ritter von Halt, Mitglied des berüchtigten Keppler­Kreises, Heinrich Hunke, Gauwirtschaftsberater von Berlin, und Robert Frowein, dessen Ernennung die persönliche Billigung von Minister Funk fand. [9]

In den Aufsichtsrat der Deutschen Bank kamen immer mehr überzeugte Parteigenossen und gleichgesinnte Mitläufer. Genau ein Drittel der Mitglieder trug in Anerkennung der Rolle, die sie bei der Erfüllung der Anforderungen der Kriegswirtschaft spielten, den Titel eines Wehrwirtschaftsführers. Die Mehrheit des Leitungskomitees des Aufsichtsrates, des Arbeitsausschusses, waren ausgesprochene Parteigenossen. Der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, Albert Pietzsch, war alter Parteiaktivist, Wirtschaftsberater von Rudolf Heß und Präsident der Reichswirtschaftskammer. [10] Zu den anderen einflußreichen Mitgliedern des Aufsichtsrates zählten Philipp Reemtsma, einer von Görings Hauptgeldgebern, Wilhelm Zangen und Rudolf Stahl, Präsident bzw. Vizepräsident der mächtigen Reichsgruppe Industrie in der Reichswirtschaftskammer, und Otto Fitzner, Gauwirtschaftsberater von Niederschlesien. [11]

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Die Deutsche Bank steuerte während des Naziregimes auch große Summen für eine Vielzahl von politischen Fonds bei. Seit 1939 überwies die Bank während eines Zeitraumes von etwa 6 Jahren jährlich eine Summe von 75 000 Reichsmark an einen speziellen Fonds zum persönlichen Gebrauch Heinrich Himmlers. [12] Die Bank leistete über einen noch längeren Zeitraum einen jährlichen Beitrag von rund 300 000 Reichsmark zugunsten der Adolf­Hitler­Spende, die zur Verwendung durch die Partei und die ihr angeschlossenen Organisationen bestimmt war. [13] Die Deutsche Bank benutzte ihre gewaltige Macht in der deutschen Wirtschaft, um bei der Durchführung der verbrecherischen Politik des Naziregimes auf wirtschaftlichem Gebiet mitzuwirken. Die Verantwortung dafür liegt bei den Mitgliedern des Vorstandes, die solche Handlungen leiteten, bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates, die ihre Zustimmung gaben, und bei den leitenden Mitarbeitern und Angestellten, die sie ausführten.

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Anmerkungen:

[1] Office of Military Government (U.S.), Finance Division, Financial Investigation Section: Report on the Investigation of the Deutsche Bank, November 1946. Für die vorliegende Übersetzung benutzten wir ein Exemplar mit der Kopie­Nr. 29, das sich im Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München, befindet. Die Arbeitsmaterialien für den Bericht sind im Bundesarchiv Koblenz (im folgenden abgekürzt = BA), OMGUS FlNAD, shipment 2, boxes 188 bis 195, als Mikrofiches vorhanden.
[2] Eine drastische Darstellung der Unterschiede vermittelt James Stewart Martin, All Honorable Men, Boston 1950, S. 126f Daß sich die Dezentralisierungspläne wesentlich an der Finanzstruktur des amerikanischen New Deal orientierten, zeigt BA, OMGUS FINAD 2/64/5, 2/93/13.
[3] Und zwar reibungslos und im vollen Bewußtsein der finanzpolitischen Zusammenhänge. Vgl. beispielsweise E. W. Schmidt, Direktor der Deutschen Bank und Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung: Die deutsche Kriegsfinanzierung, Vortrag vor der Auslandspresse am 7. Februar 1941. BA, R 7/2315.
[4] Vgl. dazu den Überblick über die Stellung der deutschen Großbanken in Südosteuropa, verfaßt von der Volkswirtschaftlichen Abteilung der IG Farbenindustrie AG, vom 14. Mai 1941, abgedruckt in Wolfgang Schumann (Hrsg.), Griff nach Südosteuropa, Berlin 1973, S. 127ff.
[5] Zur Entstehungsgeschichte der Kontinentale Öl AG vgl. Dietrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft, Bd. 1, Berlin 1971, S. 235 ff.
[6] Es handelte sich wohl in beiden Fällen um "Arisierungen" im gegenseitigen Einvernehmen: die jüdischen Bankiers und Industriellen wurden durch die seit 1937 verschärft einsetzenden finanz­ und wirtschaftspolitischen Repressalien seitens des NS­Regimes derart unter Druck gesetzt, daß ihnen nichts anderes blieb, als das ihnen genehme kleinere Übel zu wählen. jedenfalls haben die seinerzeit in Liquidation gegangenen und emigrierten Bankiers und Industriellen in den hier genannten Fällen der Deutschen Bank AG nach 1945 Fairneß attestiert. Vgl. dazu Dokumentationsstelle zur NS­Sozialpolitik (im folgenden abgekürzt = DokNS, W. 4.3.1.5.) Das besagt aber nicht, daß sich die Deutsche Bank nur auf solche "freundschaftliche Arisierungen" beschränkt hätte. Vgl. dazu die Report­Exhibits Nr. 322­325, sowie umfangreiche Vorgänge in BA, R 13 XVIII, 6, 7; zusätzlich National Archives Washington (im folgenden abgekürzt = NAW), T­75, Roll 60, 61.
[7] Vgl. dazu BA, OMGUS FINAD 2/49/1­3 und 2/50/1­3, Beweisstücke zum Untersuchungsbericht über die Dresdner Bank AG
[8] Emil Georg von Stauß, geh. 6. 10. 1877, bis Herbst 1932 Vorstandsmitglied, danach Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank bis zu seinem Tod am 11.12.1942.
[9] Karl Ritter von Halt, geb. 2.6. 1891, kam 1938 in den Vorstand und wurde Leiter der Personalabteilung. Robert Frowein, zunächst Direktor der Hauptfiliale Frankfurt/M., und Heinrich Hunke, geh. 8.12. 1902, gelangten 1943 in den Vorstand.
[10] Albert Pietzsch, geh. 28. 6. 18 74, taucht erstmals im Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 1939 als Mitglied des Aufsichtsrats auf
[11] Philipp F. Reemtsma, geh. 22. 12. 1893, Tabakindustrieller, Vertrauter und Finanzier Görings. Vgl. Oberstaatsanwalt beim Landgericht Hamburg, Anklageschrift gegen den Kaufmann Philipp F. Reemtsma, 14 Js 170/46.
Wilhelm Zangen, geh. 30.9.1891, seit 1934 Vorstandsvorsitzender der Mannesmannröhren AG, seit 1938 Leiter der Reichsgruppe Industrie, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank.
Rudolf Stahl, geh. 20. April 1884, Vorstandsvorsitzender des Salzdetfurth Konzerns, im Aufsichtsrat der Deutschen Bank seit 1938. Stahl war wesentlich an der Ausarbeitung der Nachkriegsplanungen der deutschen Industrie seit 1943/44 beteiligt.
Otto Fitzner, geh. 4.1. 1888, Leiter der Wirtschaftsgruppe Metallindustrie und Wehrwirtschaftsführer, im Aufsichtsrat der Deutschen Bank seit 1943.
[12] Vgl. Beweisstücke 31, 48, 49 (Register der Beweisstücke im Anhang). Zum "Freundeskreis Himmler" vgl. Klaus Drobisch, Der Freundeskreis Himmler, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (im folgenden abgekürzt = ZfG), 1960, H. 2, 304ff.; Thilo Vogelsang, Der Freundeskreis Himmler, Göttingen 1972.
[13] Dazu die Beweisstücke 47-51.

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Kapitel III - Geschichte

Die Geschichte der Deutschen Bank, Deutschlands größter Geschäftsbank, ist eine Geschichte der Expansion ­ der Expansion im Sinne eines ständig steigenden Umfangs der Operationen und einer ständig zunehmenden geographischen Ausbreitung. [1] Diese Expansion wurde durch die Übernahme zahlreicher anderer Institutionen des Bankwesens sowie in den späteren Jahren durch eine enge Abstimmung von Strategie und Taktik der Politik der Bank mit den expansionistischen Zielen der Führer des Dritten Reiches herbeigeführt. [2]

Das Gründungsjahr der Bank, das Jahr 1870, war der Beginn der »Gründerjahre« in Deutschland, einer Zeit, in der zahlreiche neue Industrie­ und Finanzunternehmen errichtet wurden. Es war ein Jahr von historischer Bedeutung für die großdeutsche Bewegung, weil es das Jahr der deutschen Einigung unter Kanzler Bismarck war und die Ära des deutschen Imperialismus einleitete. Der primäre Zweck der Bank bestand bei ihrer Gründung darin, den deutschen Außenhandel zu finanzieren sowie diesen Außenhandel und die deutsche Industrie in zunehmendem Maße aus der Abhängigkeit von ausländischen Banken herauszulösen. Das Anfangskapital der Bank betrug 15 Mill. RM. Der Hauptgründer der Bank war Georg von Siemens, und bis heute hat die Bank besonders enge Verbindungen mit der Familie Siemens und den Industrieunternehmen von Siemens aufrechterhalten. [3]

Bezeichnenderweise ging eine der ersten Großtransaktionen der Bank auf die Förderung durch die deutsche Regierung zurück. Mitte der siebziger Jahre wurde die Deutsche Bank zum alleinigen Vertreter des Deutschen Reiches für den Verkauf von eingeschmolzenen Silbermünzen im Werte von 1 Milliarde RM erklärt. [4] Etwa zur gleichen Zeit begründete die Bank ihr Auslandsgeschäft und begann, sich der Führung bei der Finanzierung bedeutender deutscher Industriezweige zu bemächtigen Gebiet, auf dem sie sich allmählich die effektive Kontrolle über weite Bereiche der deutschen Industrie sicherte. [5] Siemens­Komplex war natürlich einer der ersten bedeutenden Kunden, dem die Deutsche Bank mit der Ausgabe zahlreicher Wertpapiere ihre Dienste erwies.

Der erste Vorstoß auf Gebiet der direkten Beherrschung von Industrieunternehmen wurde im Jahr 1890 bei der Sanierung des Mannesmann­Konzerns unternommen. Aus dieser Aktion ging die Deutsche Bank als die dominierende Kraft in Angelegenheiten des Konzerns hervor, der sich zu einem der bedeutendsten Unternehmen der deutschen Schwerindustrie entwickeln sollte. [6] Zehn Jahre später wurden die Gebrüder Mannesmann selbst aus dieser Aktiengesellschaft verdrängt. Max Steinthal, damals der führende Kopf der Bank, war an dieser Aktion maßgeblich beteiligt und bestimmte danach jahrzehntelang die Geschäftspolitik sowohl des Mannesmann­Unternehmens als auch der Deutschen Bank.

Emil Georg von Stauß, der die Jahrhundertwende zu einem führenden Mitarbeite Bank wurde, entfaltete bei der Förderung der industriellen Interessen der Bank eine ähnliche Wirksamkeit. Er es, der nach dem Ersten Weltkrieg das Weiterbestehen der deutschen Flugzeugindustrie sicherte. In den Jahren 1924/1925 spielte er eine wichtige Rolle bei der Reorganisierung zweier großer Motorenhersteller, Bayerische Motoren­Werke (BMW) und Daimler­Benz, und blieb im folgenden der wichtigste Mann in ihrer Leitung. Seit jener Zeit diese Firmen unter der Vorherrschaft der Deutschen Bank verblieben. [7] Während des Zweiten Weltkrieges stellten sie zwei Drittel aller deutschen Flugzeugmotoren her.

Die am konsequentestern mit dem größten Erfolg angewandte Methode der Deutschen Bank in ihrem Expansionsbestreben bestand in der Übernahme anderer Institutionen des Bankwesens. Bei jeder Serie von Fusionen profitierte die Bank nicht nur durch eine Vergrößerung ihrer Mittel und ihres Kundenkreises, sondern erreichte zugleich auch eine lückenlose Erfassung des ganzen deutschen Raumes und eine größere Dichte ihres Zweigstellennetzes. [8] Jede Serie von Zusammenschlüssen weist eine klare geographische Ausgewogenheit auf. So übernahm die Deutsche Bank beispielsweise zwischen den Jahren 1917 und 1920 eine Bank in Norddeutschland, eine in Schlesien und eine in Braunschweig (nördliches Mitteldeutschland). In den Jahren 1921 bis 1928 übernahm sie die Privatbank zu Gotha, die Württembergische Vereinsbank, die Essener Creditanstalt, die Bank für Thüringen, die Hildesheimer Bank und die Osnabrücker Bank. [9]

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Ungewöhnlich war die Erwerbung der Deutschen Petroleum AG, die von der Deutschen Bank im Jahre 1922 während der Inflationszeit übernommen wurde. Die Gesellschaft war vorher gezwungen gewesen, ihre wichtigsten Anteile an der Ölindustrie zu verkaufen, und war weitgehend zu einem Finanzunternehmen mit beträchtlichem flüssigem Kapital geworden. Durch diese Erwerbung fügte die Deutsche Bank ihren Mitteln für das Bankgeschäft beträchtliche Mengen an Bargeld und Devisen hinzu und erhöhte unter anderem auch aufgrund dieser Erwerbung ihr eigenes Kapital von 400 Mill. RM auf 800 Mill. RM. [10]

Die größte Bankenfusion fand jedoch im Jahre 1929 nach der Währungsstabilisierung statt, als sich die Deutsche Bank mit der Disconto­Gesellschaft, der damals zweitgrößten Bank Deutschlands, vereinigte. [11] Das Kapital der Deutschen Bank belief sich zur damaligen Zeit auf 150 Mill. RM, d. h. auf das Zehnfache ihres ursprünglichen Kapitals, wozu die Disconto­Gesellschaft noch weitere 135 Mill. RM beisteuerte. Die offenen Rücklagen der Deutschen Bank betrugen 90 Mill. RM, die der Disconto­Gesellschaft 66,5 Mill. RM. Somit ließ die vereinigte Bank in bezug auf Kapital und Reserven sowie Gesamtmittel (5,5 Mrd. RM) jede andere Bank in Deutschland weit hinter sich. In diesen riesigen Komplex brachte die Disconto­Gesellschaft nicht nur ihre eigenen Einrichtungen und ihre Kundschaft ein, sondern auch die ihrer bedeutenden Tochtergesellschaften, des A. Schaffhausenschen Bankvereins mit seinen seit altersher bestehenden Geschäftsverbindungen zur Industrie des Rheinlandes, der Rheinischen Creditbank und der in Baden und Württemberg führenden Süddeutschen Disconto­Gesellschaft sowie der Norddeutschen Bank in Hamburg, einer der angesehensten Banken im internationalen Handelszentrum Deutschlands. Die vereinigten Institutionen führten mit ungefähr 800 000 Konten etwa doppelt soviel wie die alte Deutsche Bank. Ihr Netz umfaßte 289 Zweigstellen, im Vergleich zu 181 vor dem Zusammenschluß. Obwohl diese Fusion natürlich in gewissem Maße eine Beseitigung von einander überschneidenden Einrichtungen mit sich brachte, sank die Anzahl der Zweigstellen nie wesentlich unter diese Zahl, ausgenommen die Zeit der unfreiwilligen Einschränkung während des Zweiten Weltkrieges. Mehrere Jahre nach dem Zusammenschluß nannte sich die Institution noch "Deutsche Bank und Disconto­Gesellschaft", aber im Jahre 1937 nahm sie wieder den alten Namen Deutsche Bank an. [12]

Im Jahre 1929 sowie im Jahr 1930 übernahm die Deutsche Bank auch eine Reihe von privaten Bankhäusern, wie L. Pfeiffer in Kassel, j. Frank & Cie. in Krefeld, Doertenbach & Cie. in Stuttgart und E. Ladenburg in Frankfurt. [13]

Die Größe der sich ausdehnenden Institutionen erforderte ein bestimmtes Maß an verfahrenstechnischer Selbständigkeit auf lokaler Ebene. Daher wurde das Land in geographische Bezirke mit regionalen Beiräten eingeteilt, und bestimmte Entscheidungen, z. B. die Gewährung von Darlehen bis zu 50000 oder 150000 Reichsmark (je nach der Größe der Zweigstelle) konnten auf Bezirksebene ohne vorherige Rücksprache mit Berlin genehmigt werden. Die genaue Kontrolle aller größeren Darlehen erfolgte jedoch weiterhin von Berlin aus. Außerdem entwickelte die Bank unter der Führung des Vorstandsmitgliedes Hans Rummel, [14] der als Schrittmacher auf diesem Gebiet bekannt wurde, ein ausgeklügeltes System der Kostenabrechnung der Zweigstellen, das eine genauere Kontrolle und Leitung der Zweigstellenaktivitäten von der Zentrale aus ermöglichte.

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Die Stellung der Deutschen Bank war so stark, daß sie die Bankenkrise Anfang der dreißiger Jahre mit weitaus weniger staatlicher Unterstützung überstehen konnte als die anderen großen Banken. Die Regierung übernahm etwa 50 Millionen Reichsmark des Bankkapitals, das dann nach zwei Wiederanpassungen im Jahr 1932 144 Millionen Reichsmark betrug. Während dieses Zeitraums machte sich die Bank die überaus engen Beziehungen, durch die bestimmte große Industriekonzerne an sie gebunden waren, immer wieder ausgiebig zunutze. Es gelang ihr, große Teile ihrer Aktien bei Mannesmann, Rheinische Braunkohle und beim Reemtsma­Konzern unterzubringen (Kapitel VIII). In den Jahren von 1933 bis 1937 wurde die Bank stufenweise "reprivatisiert", d. h. die Aktien, die sich im Besitz der Regierung befanden, gingen wieder in Privathand über. [15]

Die Ära der Naziherrschaft bot der Deutschen Bank Gelegenheit, ihre Expansionskraft in ganz neue Bahnen zu lenken. In enger Koordinierung mit den aggressiven Vorstößen des Dritten Reiches dehnte die Bank ihren Einfluß und ihr Zweigstellennetz auf die überfallenen Territorien aus. Diese Phase ihrer Expansion wird in einem der folgenden Kapitel genauer behandelt. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Auslandsgeschäft der Bank zu relativer Bedeutungslosigkeit herabgesunken, insbesondere nach dem "Stillhalteabkommen" des Jahres 1931. [16] Vor 1938 hatte die Deutsche Bank nur wenige Teilhaberschaften in Bankinstitutionen des Auslandes, etwa in der Handels­Maatschappij H. Albert de Bary & Co. in Holland und in der Deutschen Überseeischen Bank, [17] der größten deutschen Bank in Lateinamerika und in Spanien. Als die deutsche Aggression voranschritt, dehnte die Bank ihre Stützpunkte im Ausland schnell aus. Sie machte sich unverzüglich daran, aus dem "Anschluß" Nutzen zu ziehen, indem sie die Kontrolle über Österreichs größte Bank, den Creditanstalt­Bankverein, erlangte. [18] Diese Übernahme brachte ein Filialnetz von mehr als 40 Zweigstellen in den Bereich der Deutschen Bank ein. Die Deutsche Bank erhielt dadurch auch eine Depotstelle, wo sie einige ihrer südosteuropäischen Anteile, die sie nach und nach erwarb, hinterlegte. In der Tschechoslowakei folgte die Bank dem Modell der offiziellen Außenpolitik des Reiches, indem sie die 21 Zweigstellen zweier tschechischer Banken im Sudetenland in Zweigstellen der Deutschen Bank umwandelte. In der übrigen Tschechoslowakei wurden die Zweigstellen unter den Namen der ursprünglichen Institutionen beibehalten, die der Reihe nach unter die Kontrolle der Deutschen Bank gebracht wurden. [19] Zu der Zeit, als Deutschland den Höhepunkt seiner Expansion erreichte, hatte die Deutsche Bank Zweigstellen in der Tschechoslowakei, in Frankreich, in den baltischen Staaten, in Polen, in der Türkei und in Danzig sowie Tochtergesellschaften in Österreich, der Tschechoslowakei, in Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Luxemburg, Holland, Spanien und Lateinamerika. [20]

Sie bemühte sich, ihren Einfluß auch auf den Fernen Osten auszudehnen, indem sie gemeinsam mit anderen deutschen Banken an der Schaffung von zwei deutschen Institutionen zur Finanzierung des Fernosthandels mitwirkte: der Deutsch­Asiatischen Bank mit ihrem Hauptbüro in Schanghai und Zweigstellen in China und in Deutschland sowie der Deutschen Bank für Ostasien, einer von der Regierung unterstützten Institution, die im Jahre 1942 geschaffen worden war, um den Austausch von Waren und die Durchführung des Verrechnungsverkehrs zwischen Deutschland und Japan zu fördern. [21]

Des weiteren diente die gegen die Juden gerichtete Politik der Nazis dem ständigen Drang der Deutschen Bank nach Ausdehnung ihrer Macht. Im Jahre 1938 übernahm sie den Kundenkreis der aufgelösten Firma Mendelssohn & Co. Berlin, der größten Privatbank in Deutschland. (Siehe Jahresbericht 1938) [22] Im gleichen Jahr wirkte die Bank bei der "Arisierung" des bekannten privaten Bankhauses von Simon Hirschland, Essen, mit und erwarb die Kontrolle über dessen Nachfolger Burkhardt & Co. [23] Die Bank nahm an zahlreichen andern "Arisierungen" von Industrie und Finanzunternehmen teil. [24]

Erst die Wirkung des alliierten Durchbruches und ein Luftangriff brachten die Deutsche Bank für kurze Zeit von ihrer Politik der zentralisierten Verwaltung ab. Gegen Ende des Jahres 1943 und im Jahre 1944 wurden "Ausweichstellen" in Wiesbaden (für die Zweigstellen im Gebiet von Frankfurt, Kassel, Württemberg und Bayern), ferner in Hamburg (für die nordwestlichen, westlichen und südwestlichen Zweigstellen) und in Erfurt (für die östlichen Zweigstellen) errichtet. Wie die Deutsche Bank seit dem Tag des Sieges der Alliierten bestrebt war, selbst diese bescheidenen Dezentralisierungsmaßnahmen, die die militärische Lage erzwungen hatte, rückgängig zu machen, wird in einem der folgenden Kapitel behandelt.

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Anmerkungen:

[1] Eine kritische Geschichte der Deutschen Bank gibt es noch nicht, deshalb die große Bedeutung des vorliegenden Berichts. Vgl. im Gegensatz dazu die apologetischen Darstellungen von Manfred Pohl, Hermann J. Abs Eine Bildbiographie, Mainz 1981; sowie die im Auftrag des Vorstands der Deutschen Bank von Fritz Seidenzahl verfaßte Festschrift: 100 Jahre Deutsche Bank 1870­­1970, Frankfurt/M. 1970. Als kritische Glosse zu Seidenzahl vgl. Hans Radandt, »100 Jahre Deutsche Bank« ­ Eine typische Konzerngeschichte, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, 1972, Teil III, 37ff [2] Ansätze zur Durchleuchtung der Rolle der Deutschen Bank in der NSZeit liefern bis heute Kurt Gossweiler, Die Rolle der Großbanken im Imperialismus, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (im folgenden abgekürzt = JWG), 1971, Teil III, 35ff.; Heinz Mohrmann, Zur staatsmonopolistischen Konkurrenz deutscher Großbanken unter dem Faschismus, in: JWG, 1967, T. IV, 11 ff.; Hans Radandt, Hermann J. Abs ­ Bankier im Geheimauftrag Görings, ebenda, 1974, T. IV, 27ff.; ders., Zu den Beziehungen zwischen dem Konzern der Deutschen Bank und dem Staatsapparat bei der Vorbereitung und Durchführung des zweiten Weltkrieges, in: Der deutsche Imperialismus und der zweite Weltkrieg, Bd. 1, Berlin 1960, S. 9 ff.; sowie als Zusammenfassung der OMGUS-Untersuchungen über die Deutsche Bank und die Dresdner Bank Military Government of Germany (U.S.), Dresdner ans Deutsche Banks, Special Report of the Military Governor, U.S. Zone, June 1947. Außerdem gibt es in den Beständen BA, OMGUS FINAD, eine Fülle von Detailuntersuchungen, die dem hier veröffentlichten Bericht voraufgegangen sind.<
[3] Siemens war für den aggressiven Expansionskurs der Deutschen Bank seit ihrem Engagement im Nahen und Mittleren Osten vor der Jahrhundertwende verantwortlich, und nicht alle Mitbegründer der Bank machten diesen Kurs mit. Vgl. den mit einem leisen Bedauern geschriebenen Aufsatz von Fritz Seidenzahl, Elkan Heinemann, in: Beiträge zu Wirtschafts und Währungsfragen und zur Bankgeschichte, H. 3, August 1966, S. 11 ff.
[4] Und zwar deshalb, weil die preußische Regierung den freien Silberankauf bei den preußischen Münzen einstellte, um allein das Gold als Umlauf- und Deckungsmittel für die Banknoten der Reichsbank einzuführen (»Monometallismus«). Zu den Einzelheiten M. Pohl, Festigung und Ausdehnung des deutschen Bankwesens zwischen 1870 und 1914, in: Deutsche Bankengeschichte, Bd. 2, Frankfurt/M. 1982, S.224f.
[5] Dazu noch immer unübertroffen Wo Hagemann, Das Verhältnis der deutschen Großbanken zur Industrie, Berlin 1931; W. Strauß, Die Konzertrationsbewegung im deutschen Bankgewerbe, Berlin und Leipzig 1928.
[6] Vgl. H. Koch, 75 Jahre Mannesmann, Düsseldorf 1965, bes. S, 60 ff.
[7] Vgl. die Geschäftsberichte der beiden Konzerne seit Mitte der zwanziger Jahre mit der Entwicklung der Aufsichtsratsmandate.
[8] Vgl. die tabellarische Auflistung der Übernahmen durch die Deutsche Bank bei M. Pohl, Konzentration im deutschen Bankwesen (1848­1980), Frankfurt/M. 1982, S. 573 ff.
[9] Die Zahl der Übernahmen ist größer. Vgl. Pohl, ebenda, S. 583­59 1.
[10] Die Umstände der Transaktion waren verwickelter. Die Deutsche Petroleum AG, eine Tochter der Deutschen Bank, hatte 94% des Aktienkapitals der rumänischen Erdölgesellschaft Steaua Romana in Besitz. Als die Enteignung dieser Gesellschaft drohte, gründete die Deutsche Bank eine Tarngesellschaft in der Schweiz, die die Akten der Deutschen Petroleum AG an ein internationales Konsortium verkaufte.
[11] Dazu M. Pohl, Der Zusammenschluß der Deutschen Bank und der Disconto­Gesellschaft im Oktober 1929, in: Beiträge zu Wirtschafts­ und Währungsfragen und zur Bankgeschichte (im folgenden abgekürzt = Beiträge), Nr. 18, 1980, S. 31 ff.; sowie DB­Geschäftsbericht 1929.
[12] Vgl. Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 1937.
[13] Es waren mehr. Vgl. die Aufstellung bei M. Pohl, Konzentration im deutschen Bankwesen, S. 591 ff.
[14] Hans Rummel, geh. 9.3.1882, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank von 1933­1947, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Übergangsgesellschaft Süddeutsche Bank von 1952­1956.
[15] Ungenaue Darstellung. Im Gegensatz zu den anderen Großbanken brauchte die Deutsche Bank »nur« Aktienkapital in Höhe von 50 Millionen Reichsmark an die staatliche Golddiskontbank abzuführen, 34,7% ihres Aktienbesitzes. Durch einen Grundstücksverkauf im November 1933 an das Reich ging die Golddiskontbank ihrer Sperrminorität wieder verlustig, und die Deutsche Bank war wieder eigenständig. Die Reprivatisierung der übrigen Großbanken erfolgte hingegen erst 1936/37, und zwar unter der Regie des Bankhauses Delbrück, Schickler und Co., wobei Hermann J. Abs eine führende Rolle bei der Konsortialbildung einnahm. Er wurde dafür von den Großbanken mit einem Vorstandsposten in der Deutschen Bank belohnt.
[16] Zum ersten »Stillhalteabkommen« von 1931, das sogar das erste Kriegsjahr überdauerte, vgl. K.E. Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1977, S. 496f; zu den diplomatischen Hintergründen: Akten der Reichskanzlei- Weimarer Republik, Die Kabinette Brüning I und II, Bd.2, hrsg. T. Koops, Boppard 1982, bes. 1272ff.
[17] Vgl. dazu die DB­Geschäftsberichte bis 1938, sowie Deutsche Überseeische Bank (Hrsg.). 50 Jahre Deutsche Überseeische Bank 1886­1936, Berlin 1936.
[18] Um sich durchzusetzen, brauchte die Deutsche Bank allerdings drei Jahre. Vgl. dazu die Beweisstücke 351­361, sowie 180­186, die die Autoren der Finance Division bei der Abfassung ihres ersten Berichts teilweise noch nicht in der Hand hatten.
[19] Dazu wichtige Ergänzungen zu den hier benutzten Beweisstücken in BA, R 2, 13 532, 13 533.
[20] Fast ein Drittel der von der Autorengruppe zusammen mit dem Bericht vorgelegten Beweisstücke dient diesem Nachweis, vgl. das Exhibitregister im Anhang. Trotzdem ist das Material lückenhaft, die Darstellung hängt manchmal zu sehr von den Aussagen der verhörten DB­Manager ab. Nach der Durchsicht umfangreicher zentraler Archivbestände läßt sich jedoch feststellen, daß die Ermittlungsergebnisse im wesentlichen Bestand haben und nur in Details erweiterungs und korrekturbedürftig erscheinen.
[21] Dazu ergänzend ein geschlossener Aktenvorgang in BA, R 7/4239.
[22] Es handelte sich uni eine "freundschaftliche Arisierung", vgl. Anm.6 in Kap.2. Zum Begriff »freundschaftliche Arisierung«, vgl. Helmut Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen usw. 1966, 218ff.
[23] Vgl. DB­Geschäftsbericht für 1938,S. 10. Diese Transaktion fehlt bei M. Pohl, Konzentration im deutschen Bankwesen, S.617 f.
[24] Vgl. dazu die Beweisstücke Nr. 321, 322, 323­325. Ergänzende Dokumente in DokNS, W. 4.3.1.5., sowie in BA, R 2, 13 534­13 537 ("Arisierungen" im Zusammenhang mit der Sanierung der Böhmischen Union­Bank); NAW, T­75 (Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft in Serbien), Rolls 60­66; R 13 XVIII, 6 und 7 (Beteiligung der Deutschen Bank am "Arisierungsgeschäft" 1942/43).

Das Material zeigt insgesamt, daß die Deutsche Bank keinesfalls nur "freundschaftliche Arisierungen" betrieb, sondern in einzelnen Fällen die "Arisierungen" zum Anlaß nahm, um hohe Provisionen einzustreichen. Das gilt besonders für ihre Aktivitäten im südosteuropäischen Ausland. Im Reichsgebiet haben ­ allein schon aus Rücksicht auf die internationalen Geschäftsbeziehungen und die exponierte Stellung der Deutschen Bank bei den sog. Stillhalteverhandlungen ­mit Sicherheit die "Arisierungen" à la Mendelssohn & Co., Adler & Oppenheimer usw. überwogen. Der umstandslos forsche Zugriff anderer Großbanken läßt sich bei der Deutschen Bank wohl nicht nachweisen.

Mangelnde Differenzierung des Sachverhalts und Beweisnot brachten 1970/71 den DDR­Autor Eberhard Czichon und seinen westdeutschen Verlag vor das Stuttgarter Landgericht, wo sie gegen Hermann J. Abs nicht nur in Sachen "Arisierungen" verloren. Die Anwälte von Abs konnten nachweisen, daß die zur Auseinandersetzung stehenden Fälle von den Betroffenen selbst initiiert worden waren, und daß Abs keine Rolle bei sog. "Zwangsarisierungen" gespielt hatte. Die tatsächliche Rolle der Deutschen Bank beim "Arisierungsgeschäft" muß erst noch untersucht werden. Zu dem Stuttgarter Verfahren vgl. Eberhard Czichon, Der Bankier und die Macht Hermann Josef Abs in der deutschen Politik, Köln 1970; Teil­Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. 2. 1972 und Schluß­Urteil vom 27.6. 1972 (Gesch.­Nr. 17 0 220/70).

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Kapitel IX - Wiederaufrüstung und Kriegsfinanzierung

Die Operationen der Deutschen Bank richteten sich in den Jahren nach 1933 immer stärker darauf, Deutschlands Vorbereitungen für einen Aggressionskrieg und dessen Durchführung zu unterstützen. Die wirtschaftliche Mobilisierung Deutschlands für den Krieg verlangte in steigendem Maße die Anspannung aller Kräfte; sie bezog die gesamte Wirtschaft ein, nicht zuletzt die Finanzkreise, die im großen und ganzen für die direkte und indirekte Finanzierung des gesamten Vorhabens verantwortlich waren.

Das heißt nicht, daß die Bank keine andere Wahl hatte. Im Grunde hatte sie von 1933 an zwei Alternativen: Sie konnte ihre Geschäfte in herkömmlicher Weise fortführen, ohne sich, so weit das möglich war, besonders darum zu bemühen, der Regierung zu helfen; sie konnte aber auch das ganze Gewicht ihrer Organisation für die Unterstützung von Partei und Staat aufbieten. Die erste Alternative hätte ohne Zweifel eine drastische Verringerung der relativen Bedeutung der Bank bedeutet, eine Aussicht, die den Mitarbeitern der Bank gar nicht behagte. Die zweite Alternative entsprach sehr viel eher ihrer nationalistisch­militaristischen Einstellung. Diese grundlegende Übereinstimmung in den Ansichten überwog bei weitem mögliche Befürchtungen seitens einiger Bankiers der alten Schule, denen die verworrenen antikapitalistischen Ziele eines Teils der frühen Nazibewegung etwas merkwürdig vorkamen. [1] Vor allem bot die vollständige Zusammenarbeit mit dem neuen Regime den Bankiers Gelegenheit, Einfluß und Macht für sich und die Bank nicht nur zu erhalten, sondern noch zu steigern. Die im Laufe dieser Jahre von der Bank immer wieder zu treffenden einzelnen Entscheidungen sollen im folgenden dargestellt werden. Ungeachtet der Beteuerungen ihrer leitenden Mitarbeiter, sie hätten verzweifelt um die Einhaltung eines "konservativen" Kurses gerungen, deutet das gesamte Beweismaterial darauf hin, daß die Deutsche Bank in Wirklichkeit den Weg der uneingeschränkten Zusammenarbeit wählte.

Die Deutsche Bank war der Exponent eines starken deutschen Banksystems, jener Art von System, das die Nazis brauchten, um ebenso schnell wie reibungslos ein Kriegspotential aufzubauen. Der Beitrag der Deutschen Bank als wichtigster Handelsbank in Deutschland zur effizienten Entwicklung und Aufrechterhaltung dieses Kriegspotentials, bestand hauptsächlich in drei Arten von Aktivitäten: Beschaffung von Geldmitteln für das Reich, Finanzierung der Kriegsindustrie durch Darlehen und Plazierung neuer Wertpapiere sowie Lenkung der von der Bank kontrollierten Industrieunternehmen in »geeignete« Produktionsrichtungen. [2]

In zunehmendem Maß wurden von der Bank Kredite gewährt, um die Forderungen, die sich aus dem Wiederaufrüstungsprogramm ergaben, zu erfüllen. Praktisch alle Finanzierungsmöglichkeiten wurden mit Ausbruch des Krieges auf Unternehmen konzentriert, die auf die eine oder andere Weise mit den Kriegsvorhaben verbunden waren. Als Anlageberatungsfirma brachte die Bank Aktien und Obligationen solcher Unternehmen in der Öffentlichkeit unter. Die Finanzierung des Reiches wurde zur umfangreichsten und wichtigsten Aufgabe der Bank. Ihre Größenordnung und ihre besonderen Aspekte sollen darum hier zuerst behandelt werden.

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Die Finanzierung des Reiches

Staatspapiere

Bei der Finanzierung des Reiches konzentrierte sich die Deutsche Bank ebenso wie die anderen Geschäftsbanken in der Hauptsache auf den Kauf von Schatzwechseln und unverzinslichen Schatzanweisungen des Reiches und der Länder, die sich als kurzfristige Schuldverschreibungen am besten für die Anlage von Mitteln eigneten, die aus laufenden Konten von Kunden stammten. Die längerfristigen Schatzanweisungen und Obligationen (Anleihen und festverzinsliche Schatzanweisungen des Reiches und der Länder) wurden meist von Sparkassen und Versicherungsunternehmen übernommen sowie in kleinerem Umfang von der Industrie, vom Handel, von der Öffentlichkeit und von Gesellschaften zur Finanzierung von Warenkrediten(3) Der Teil, der von den nicht zum Bankwesen gehörenden Einrichtungen und von individuellen Käufern übernommen wurde, war jedoch erheblich, und die Deutsche Bank war mit ihrem riesigen Apparat und ihren großen Zweigstellen sehr geeignet, als Vertreter des Reiches bei der Übernahme großer Beträge durch ihre Kunden zu fungieren. Die folgenden Bemerkungen, die dem Jahresbericht der Bank für 1937 entnommen wurden, sind in diesem Zusammenhang aufschlußreich:

"Wenn der Gesamtblock der Konsolidierung nunmehr ... etwa 83/4 Milliarden Reichsmark erreicht, so hat zu diesem finanziellen Erfolge, der im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Aufschwungs sehr beachtlich ist, die Mitwirkung der Kreditbanken maßgeblich beigetragen. ... Immer wieder erweist sich die laufende und enge Geschäftsverbindung der Bank mit ihrer großen Zahl von Kunden aus allen Berufs­ und Wirtschaftszweigen in ihrer Gesamtheit als ein Apparat, der für die notwendige langfristige Anleihefinanzierung der Reichsausgaben unentbehrlich ist." [4]

Im folgenden Jahr 1938 konnten weitere 8 Milliarden RM in Staatspapieren angelegt werden. Im Jahre 1942 war die Deutsche Bank in der Lage, allein über 1 Milliarde RM an Schatzanweisungen in der Öffentlichkeit unterzubringen. Die Bank selbst behielt 479 Mill. RM in ihrem Bestand, ein Besitz, der 11,8% der Schatzanweisungen und Obligationen aller deutschen Geschäftsbanken ausmachte. Der Anteil der Bank an kurzfristigen Schatzwechseln war sogar noch größer. Er betrug 23,1% (3951 Mill. RM) aller Bestände von Geschäftsbanken.

Während bis 1937 der Besitz der Bank an kurzfristigen Schatzwechseln zwischen 200 bis 300 Mill. RM lag, erfolgte, wie aus der folgenden Aufstellung hervorgeht, in den nachfolgenden Jahren eine gewaltige Zunahme:

1937     202 880 532 RM
1938     529 674 690 RM
1939  1 148 758 779 RM
1940  2 079 256 329 RM
1941  2 908 564 808 RM
1942  3 950 696 413 RM
1943  4 635 278 845 RM
1944  7 502 694 558 RM

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Für das Jahr 1944 bedeutete dies eine Anlage von 66% des Gesamtvermögens der Bank (11374 Mill. RM) in Schatzwechseln. Wenn man zu dieser Zahl Schatzanweisungen und Obligationen (412 Mill. RM), Eigenwechsel der Deutschen Golddiskontbank (873 Mill. RM) und Anleihen mit Reichsgarantie für Sonderprojekte des Reiches (etwa 560 Mill. RM) hinzuzählt, stellt man fest, daß über 82% des Vermögens der Deutschen Bank Ende 1944 für die direkte und indirekte Finanzierung des Staates verwendet wurden. Eine Übersicht der vorangegangenen Jahre zeigt folgende Prozentzahlen (vergleiche Tabelle I, Kapitel II):

1939  44 %
1940  63 %
1941  71 %
1942  73 %
1943  73 %

Die immer stärker in den Vordergrund tretende Finanzierung des Reiches durch direkte Anlage des Vermögens der Bank entsprach einer wohlüberlegten Geschäftspolitik. In ihrem Bericht für das Jahr 1940 verweist die Bank stolz auf ihre Leistungen, wenn sie sagt:

"Im Jahre 1940, in dem Deutschlands Wehrmacht Siege geschichtlichen Ausmaßes errang, hat auch die deutsche Kriegswirtschaft die von ihr geforderte Leistungsprobe bestanden ... Die Kreditbanken haben damit vor allem zu der erfolgreichen Durchführung der kurzfristigen Reichsfinanzierung einen wesentlichen Beitrag geleistet." [5]

Doch neben der erwähnten Finanzierungstätigkeit leistete die Bank der Regierung durch Aufnahme verschiedener Arten von speziellen Papieren zur Finanzierung des Reiches unschätzbare Hilfe.

Arbeitsbeschaffungswechsel und Steuergutscheine

Außer auf die Ausgabe von Schatzpapieren stützte sich der Nazistaat von Anfang an stark auf Sonderwechsel und Gutscheine für die Finanzierung der gewaltigen Anforderungen zunächst bei der sogenannten Arbeitsbeschaffung und später beim Wiederaufrüstungsprogramm. Die Deutsche Bank hatte bedeutenden Anteil am Erfolg dieser Programme, indem sie den verschiedenen kurzfristigen Papieren ein ständig erweitertes Limit einräumte. Hitlers erster Vierjahresplan von 1933 sah Ausgaben von 4,5 Mrd. RM für öffentliche Bauten und den Bau der strategisch wichtigen "Reichsautobahnen" vor. Dieses "Arbeitsbeschaffungsprogramm" war natürlich nur das erste Stadium der Remilitarisierung und Kriegsvorbereitung. [6] Die Finanzierung erfolgte durch Ausgabe von "Arbeitsbeschaffungswechseln", wobei es sich um Wechsel handelte, die von den Unternehmern auf besondere Finanzinstitutionen des Reiches ausgestellt und bei Fälligkeit immer wieder verlängert wurden. Die Verwendung dieser Wechsel ging nach 1934 zurück, ebenso der Umlauf der Steuergutscheine, die aus der Zeit unmittelbar vor der Naziherrschaft übernommen worden waren.

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Mefo ­ Wechsel

Nach 1935, als Hitler den Rückzug Deutschlands aus der Abrüstungskonferenz und die Wiedereinführung der Wehrpflicht verkündete, ließ man die öffentlichen Baumaßnahmen zur Arbeitsbeschaffung allmählich auslaufen und ersetzte sie durch ein Programm der direkten Produktion für die Wiederaufrüstung. [7] Das neue Programm wurde durch Wechsel finanziert, die von Februar 1936 bis Ende März 1938 unter dem harmlosen Namen "Sonderwechsel" ausgestellt wurden. Später wurden sie als "Mefo-Wechsel" bekannt. Aus einem Schreiben des Direktoriums der Reichsbank vom 27. Januar 1936 an alle Filialen und Kreditinstitutionen der Reichsbank konnte die deutsche Bankwelt einen Überblick über dieses neue System gewinnen (Beweisstück 104). [8] Im folgenden ein Auszug:

"Hinsichtlich der Zwischenfinanzierung von Reichsausgaben für Zwecke der Arbeitsbeschaffung mit besonderer Betonung des Aufbaus der Wehrmacht informieren wir Sie vertraulich über folgendes: Wir ersuchen Sie, diese Nachricht als streng vertraulich zu behandeln und besonders darauf zu achten, daß kein Teil ihres Inhalts in die Zeitungen gelangt. Ab 1. Februar 1936 erhalten Industrieunternehmen, die Reichsaufträge ausführen, vorwiegend sechsmonatige Akzepte der Metallurgischen Forschungsgesellschaft m.b.H. anstelle der üblichen Barzahlung. Diese Wechsel tragen die Unterschrift des Industrieunternehmens als Trassanten und ersten Indossanten und ein weiteres Indossament der Handelsgesellschaft für Industrieerzeugnisse m.b.H."

Die Metallurgische Forschungsgesellschaft (Mefo) war nichts anderes als ein Tarnwerkzeug für die Finanzierung der deutschen Wiederaufrüstung im Rahmen des Vierjahresplans. Sie fungierte als Strohmann für die Reichsbank und das Reichsministerium für Finanzen und sollte lediglich ihren Namen für die Akzeptierung der besonderen Rüstungswechsel hergeben.
Durch Akzeptierung dieser Mefo­Wechsel als Diskontmaterial gaben die Deutsche Bank sowie die anderen Geschäftsbanken wissentlich der Wiederaufrüstung Deutschlands finanzielle Rückendeckung und trugen dazu bei, daß der Umfang dieser Finanzierung und daher das Ausmaß der Wiederaufrüstungsbestrebungen ein wohlgehütetes Geheimnis blieb. Während die Mefo­Wechsel in Wirklichkeit nichts weiter als ein Darlehen an das Reich waren, ermöglichte es ihre Verwendung zur Finanzierung der Reichsausgaben der Reichsbank, die 400 Mill. RM, die sie den gesetzlichen Bestimmungen gemäß der Regierung leihen durfte, um viele Milliarden zu überschreiten. Dr. Schniewind, zu jener Zeit Mitglied des Direktoriums der Reichsbank, erklärte, als er über die Mefo­Wechsel befragt wurde: "Wir glaubten, daß die Mefo­Wechsel bei Fälligkeit in bar gezahlt würden, und wir waren überzeugt, daß durch Drosselung dieser Finanzquelle der ganze nationalsozialistische Spuk plötzlich zum Verschwinden gebracht würde." (Beweisstück 105) [9] So groß war die Bedeutung dieses Finanzierungsmittels.

Funktionsweise der Mefo-Wechsel

Funktionsweise der Mefo-Wechsel (Grafik: Nahrens, 2006)

Die Deutsche Bank begann 1936 die Mefo­Wechsel zu diskontieren. Hans Rummel, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bank, erklärte, daß die Wechsel bei der Deutschen Bank von Unternehmen eingereicht wurden, die Aufträge für die deutsche Wehrmacht ausführten.

Er erinnerte sich, daß vor allem Daimler­Benz und möglicherweise die Maschinenfabrik Augsburg­Nürnberg (MAN) solche Wechsel in besonderem Maße hinterlegten (Beweisstück 105 a).(10) Eine Überprüfung der Mefo­Wechselgeschäfte der Mannesmannröhren­Werke Düsseldorf und einiger ihrer Tochtergesellschaften zeigt, daß sie allein mehr als 3 Mill. RM in solchen Wechseln im Jahre 1936 und insgesamt etwa 12,5 Mill. RM von 1936 bis 1938 bei der Deutschen Bank einreichten (Beweisstück 106) [11] Im Bewußtsein der Bedeutung ihrer Rolle bei dieser Art der Finanzierung fügte die Deutsche Bank in ihren Bericht für das Jahr 1936 folgende Bemerkung ein:

"Da auch die Kreditrückzahlungen im ganzen größer waren als die Neuinanspruchnahmen, konnten erhebliche Beträge frei gewordener Mittel zum Ankauf von Sonderwechseln des Reiches verwendet werden. Die Banken haben sich damit ebenso wie in den Vorjahren für die Vorfinanzierung der Staatsausgaben zur Verfügung gestellt, die noch nicht aus dem erhöhten Steueraufkommen bestritten werden können." [12]

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Mefo­Wechsel besaßen zunächst eine Laufzeit von sechs Monaten, waren jedoch auf unbestimmte Zeit verlängerbar; drei Monate nach Ausstellung waren sie bei der Reichsbank rediskontfähig. Die Deutsche Bank diskontierte nicht nur Mefo­Wechsel von Kunden, sie kaufte diese Wechsel auch auf dem offenen Geldmarkt und von der Reichsbank auf Beweisstück 107 zeigt den Erwerb eines Pakets von Mefo­Wechseln in Höhe von 20 Mill. RM von der Reichsbank. [13]

In einer Kampagne zur Konsolidierung der kurzfristigen Verschuldung des Reiches wurde die Ausgabe von Mefo­Wechseln an Lieferanten am 31. März 1938 eingestellt. Alle Wechsel sollten der Reichsbank als dem Vertreter des Reiches während der folgenden sechs Monate zur Einlösung vorgelegt werden. Von dem ausstehenden Gesamtbetrag von etwa 12 Mrd. RM wurden etwa 90% von den Geschäftsbanken vorgelegt. In Wirklichkeit löste das Reich die Wechsel damals nicht ein. Die Reichsbank erwarb sie als Treuhänder für das Reich und behielt sie als Belege für die Ausstellung von sogenannten Mefo­Wechsel­Bescheinigungen (Beweisstück 108),(13a) die in runden Nennwerten mit Fälligkeiten von drei Monaten bis zu einem Jahr ausgegeben wurden. Dieses neue Papier wurde von der Reichsbank sofort bei Kreditinstituten untergebracht, die willige Käufer waren. Der Hauptanreiz für die Banken war die Tatsache, daß sie diese Bescheinigungen (wie die Mefo­Wechsel) in ihren Bilanzen unter "Handelswechsel" ausweisen konnten. Dadurch wurde ihr wahrer Charakter einer Staatsobligation verschleiert und die Gesamtinvestition der Bank in das Reich zu gering angesetzt. Aus der Perspektive der Naziregierung gestattete diese Methode die Verschleierung der Gesamtausgaben des Reiches und besonders jener Ausgaben, die der Wiederaufrüstung Deutschlands zugute kamen und geltende Verträge verletzten. Das Reich begann 1941 mit der Einlösung der Mefo­Wechsel, und die Ausgabe von Mefo­Wechsel­Bescheinigungen wurde von der Reichsbank im Juli 1943 eingestellt.

Die Bedeutung der Mefo­Wechsel in der deutschen Wiederaufrüstungswirtschaft wird daran deutlich, daß sie 1940 12% der gesamten deutschen Staatsschulden ausmachten. Auf einer Sitzung des Aufsichtsrates der Deutschen Bank (Beweisstück 109) wurde bekanntgegeben, daß sich die gesamte Staatsschuld Staatssekretär Reinhardt zufolge 1940 so zusammensetzte: [14]

Ausgewiesene Schulden des Reiches einschließlich

  79 000 Mill. RM  Steuergutscheine
  12 000 Mill. RM  Mefowechsel
    2 300 Mill. RM  Schulden der Länder
    8 000 Mill. RM  Schulden der Gemeinden
101 300 Mill. RM  Summe

Der gesamte Umfang der Transaktionen mit Mefo­Wechseln durch die Deutsche Bank kann derzeit nicht ermittelt werden. Der Betrag von Mefo­Wechseln oder Bescheinigungen, die sich am Ende eines Jahres von 1936 bis 1943 in ihrem Besitz befanden (Ende 1944 waren keine mehr in ihrem Besitz), wird jedoch in der folgenden Tabelle dargestellt, die Beweisstück 110 entnommen wurde: [15]

1936405 055 500 RM
1937572 810 200 RM
1938241 357 200 RM
1939212 143 900 RM
1940349 528 300 RM
1941510 241 800 RM
1942617 840 300 RM
1943341 621 000 RM

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Lieferungsschatzanweisungen

Nachdem die Ausgabe der Mefo­Wechsel eingestellt worden war, wurde vom Reich ein neues Papier für die kurzfristige Finanzierung von Rüstungsausgaben geschaffen. Den Lieferanten wurden sogenannte "Lieferungsschatzanweisungen" als Zahlung für Lieferungen übergeben. Diese Lieferungsschatzanweisungen waren im Gegensatz zu den Mefo­Wechseln bei der Reichsbank nicht rediskontierbar. Sie wurden am Ende von 6 Monaten ohne Verlängerung von der Reichskasse eingelöst.

Die Deutsche Bank erwarb Lieferungsschatzanweisungen von Kunden und auf dem offenen Markt und machte sich damit für dieses neue Mittel der Rüstungsfinanzierung stark. Die Geschäfte erreichten nach Aussagen von Mitarbeitern der Deutschen Bank einen beträchtlichen Umfang, doch genaue Zahlen waren nicht zu erhalten. Lieferungsschatzanweisungen wurden in der Bilanz unter "Schatzanweisungen und zinslose Schatzwechsel des Reichs und der Länder" aufgeführt. In ihrem Bericht für das Jahr 1938 erläutert die Deutsche Bank ihren eigenen Beitrag und den der anderen Handelsbanken wie folgt:

"Die Einschaltung der Banken in die Vorfinanzierung erfolgte seit dem Frühjahr 1938 in Gestalt der Übernahme der vom Reich den Unternehmern in Zahlung gegebenen Lieferungsschatzanweisungen. Die Einführung dieses neuen Finanzierungsinstruments hat äußerlich die Entwicklung der Bankbilanzen und damit auch die unsrige Berichtsjahre stark gekennzeichnet; einer Verminderung des Wechselbesitzes als Folge des Fälligwerdens der Sonderwechsel stand eine starke Zunahme der Bestände an Schatzanweisungen gegenüber." [16]

Der obigen Tabelle zufolge gingen die Mefo­Wechsel zwischen 1937 und 1938 um 331 Mill. RM zurück. Die Jahresbilanzen weisen im gleichen Jahr dagegen eine Erhöhung der Schatzanweisungen von 327 Mill. RM aus.

Dego­Solawechsel

Mit der Einlösung der Mefo­Wechsel gewannen die Solawechsel der Deutschen Golddiskontbank (Dego) eine beträchtliche Bedeutung. Sie waren vorher nur in geringem Maße in Umlauf. Die Deutsche Bank unterstützte das Reich durch erhebliche Aufkäufe dieser Degowechsel. Die folgende Tabelle, die auszugsweise dem Beweisstück 110 entnommen wurde, zeigt den entsprechenden Bestand der Deutschen Bank am Ende eines jeden Jahres von 1937 bis 1944:

1937  12 300 000 RM
1938  39 600 000 RM
1939107 400 000 RM
1940160 000 000 RM
1941138 000 000 RM
1942  83 500 000 RM
1943422 500 000 RM
1944872 950 000 RM

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Wie die Mefo­Wechsel boten die Solawechsel der Dego der Deutschen Bank Gelegenheit, ihre Bilanz zu frisieren. Entsprechend den Instruktionen der Reichsbank konnten sie als Handelswechsel aufgeführt werden. Die Errichtung einer solchen Fassade war in der Tat vonnöten, da der Besitz der Deutschen Bank an echten Handelswechseln infolge der verstärkten finanziellen Beteiligung am Staat Ende 1944 bis auf etwa 84 Mill. RM zurückgegangen war. Durch Zusammenfassen dieses Betrages mit den Dego­Wechseln war die Deutsche Bank in der Lage, einen Bestand an Handelswechseln von 95 7 Mill. RM für jenes Jahr anzugeben.

Der uneingeschränkte Nachdruck, mit dem die Deutsche Bank den Großteil ihrer Mittel in die Kasse lenkte, aus der das Reich seine Ausgaben, vorwiegend militärischer Art, finanzierte, ist ein Zeichen für die grundlegende Übereinstimmung der Bank mit der Politik, die diesen Ausgaben zugrunde lag. Die direktere Beschaffung von Geldmitteln für »strategische« Industrieunternehmen in Form von Anleihen und Konsortialoperationen, obgleich gegenüber der Staatsfinanzierung vom Umfang her zweitrangig, und die Operationen der von der Bank kontrollierten Industrieunternehmen sind ein noch aufschlußreicherer Beweis für die Bereitschaft der Bank, dem Ziel der Nazis zu dienen ­ der Welt den Willen Deutschlands mit Waffengewalt aufzuzwingen. [17]

Bereits 1934 bewertete die Deutsche Bank ihre wirtschaftliche Tätigkeit nach Gesichtspunkten der "Wehrpolitik". In einem im Februar 1934 an die Deutsche Golddiskontbank (Dego) geschickten Schreiben (Beweisstück 111) versuchte die Bank, die Unterstützung der Dego für die Finanzierung eines deutschen Konsortiums zu erhalten, das von der Deutschen Bank geleitet wurde und sich gemeinsam mit türkischen Interessenten der Ausbeutung einer Kupfererzlagerstätte im asiatischen Teil der Türkei widmete. Das Konsortium der Deutschen Bank war bestrebt, alle Aufträge für die bei diesem Bergbauprojekt benötigten Maschinen bei deutschen Herstellern unterzubringen. Hinsichtlich der Bedeutung des Unternehmens sagte die Deutsche Bank:

"Das Unternehmen stellt einen wertvollen Gewinn für die Wirtschaftstätigkeit Deutschlands im Ausland dar. Unter Berücksichtigung seiner propagandistischen Wirkung als Muster für die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, daß dieses Kupferbergwerk nicht nur hervorragende Schürfstellen besitzt, sondern auch das einzige in der Türkei ist, gewinnt es große allgemeine Bedeutung und für uns besonders wehrpolitische Bedeutung. Es erscheint uns von außerordentlicher Wichtigkeit, den deutschen Einfluß auf das Unternehmen zu sichern und zu festigen." (Beweisstück 111) [18]

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Diese Feststellung bewies wirkliche Weitsicht. Besonders während der Kriegsjahre wurde die Türkei eine sehr wertvolle Quelle von lebenswichtigen Rohstoffen für Deutschland. Obgleich sich solch frühe Auslandstätigkeit der Deutschen Bank als bedeutend für den Erfolg der deutschen Kriegsplanung erwies, bestand doch die Tätigkeit der Bank zur Unterstützung der deutschen Wiederaufrüstung zumindest anfänglich größtenteils aus Inlandsgeschäften. Inlandsanleihen wurden von der Bank in steigendem Maße gewährt, um direkten oder indirekten Rüstungsanforderungen wie der Gründung und Entwicklung von neuen Rohstoffindustrien und der Entwicklung und Erweiterung aller Arten von Produktionsunternehmen der Rüstungsindustrie gerecht zu werden.

In ihrem Jahresbericht für das Jahr 1937 führte die Deutsche Bank aus:

"Häufig überstieg aber namentlich der Finanzierungsbedarf der Vierjahresplanvorhaben und der damit verbundenen Betriebserweiterungen die verfügbaren Mittel und machte die Heranziehung von Bankkrediten erforderlich. Dadurch steigerte sich unsere Kreditgewährung gerade in den höheren Größenklassen erheblich gegen das Vorjahr." [19]

In ihrem Bericht für 1938 stellte die Bank erneut fest:

"Sie habe beträchtliche Kredite für die Schaffung von Einrichtungen zur Herstellung neuer Grundstoffe gewährt. [20]

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Die ständige Zunahme der Anzahl großer Einzelkredite ist aus einer Tabelle der neuen über 1 Mill. RM liegenden Kredite und deren Verhältnis zum Gesamtbetrag der neu gewährten Kredite ersichtlich:

Neue Kredite über 1 Mill. RM

JahrAnzahl der KrediteBetrag in RMProzentanteil an den insgesamt gewährten Krediten
1933  35  58 112 600  8%
1934  51114 025 100 14%
1935  65147 987 73116%
1936  73223 379 06121%
1937  99245 663 91820%
1938129328 500 48122%
1939136434 282 88926%
1940153508 198 84333%
1941160544 387 92835%

Das ständige Wachstum der Kredite in den höheren Kategorien stimmte mit der Tendenz zur industriellen Konzentration überein. Dieses Wachstum drückte sich nicht nur in der Anzahl der Kredite über 1 Mill. RM aus, sondern auch in ihrem durchschnittlichen Betrag, der von 1,7 Mill. RM (1933) auf 3,4 Mill. RM (1941) anstieg.

Zweifellos stiegen große Kredite für Munitionsproduzenten sowohl ihrer Anzahl als auch ihrer durchschnittlichen Höhe nach in den Jahren nach 1941, für die keine detaillierte Aufstellung vorliegt, weiter an. Die Kriegsindustrien hatten sich bis dahin stark auf die Vorauszahlungen bei Reichsaufträgen als Quelle für ihr Betriebskapital verlassen. Als die Regierung im Winter 1942/43 diesen Vorauszahlungen zumindest zeitweilig ­ strenge Einschränkungen auferlegte, verzeichnete die Deutsche Bank einen weiteren Anstieg der Nachfrage nach Krediten. Die Deutsche Bank weist in ihrem Jahresbericht für das Jahr 1943 darauf hin:

In ihrem Jahresbericht für das Jahr 1937 führte die Deutsche Bank aus:

"Neu in Anspruch genommen oder zugesagt wurden im Laufe des vergangen Jahres 70 331 Kredite (84 49 1) mit einem Gesamtbetrag von 210 7 Mill. RM (1877 Mill. RM). In dem Ansteigen der Kredite kommt eine Belebung der Kreditnachfrage auf breiter Front nicht zum Ausdruck. Der zusätzliche Bedarf konzentrierte sich infolge der eingangs erwähnten Ursachen auf eine beschränkte Zahl von Kreditnehmern, vornehmlich solche aus der Rüstungswirtschaft, die zur Erfüllung neuer Aufgaben oder wegen des Wegfalls der staatlichen Vorauszahlungen auf die Inanspruchnahme fremder Mittel angewiesen waren." [21]

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Anmerkungen:

[1] Aber hier sorgten noch im Jahr 1933 die Tagungen der Bankenenquêtekommission für die erforderlichen Klarstellungen. Als die mittelständisch­nazistischen Wortführer des Kampfs gegen die »Zinsknechtschaft des Geldes« in der Umgebung Gottfried Feders versuchten, die Aufarbeitung der Bankenkrise von 1931/32 als Vehikel zur Zähmung des großen Bankkapitals zu nutzen, holten sie sich eine Abfuhr, die gleich zu Beginn des »Dritten Reichs« die Fundamente für den ungehemmten Wiederaufschwung der Aktienbanken legte. Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank schlugen im übrigen bei diesen Auseinandersetzungen die große Bresche. Ein Kapitel aus der Geschichte des »Dritten Reichs«, das dringend aufgearbeitet werden müßte! Vgl. dazu die umfangreichen Bestände in BA, R 2/ 13 682 ff., RD 51/8 ff. Vgl. auch Untersuchung des Bankwesens 1933, 2 Teile in mehreren Bänden, Berlin 1933 f.
[2] Obwohl die Verfasser des Berichts immer wieder auf ihren Mangel an originalem Urkundenmaterial hinweisen, war das Fazit, das sie hier zogen, keineswegs auf Sand gebaut. Sie betrieben »oral history« gegenüber den Verantwortlichen, die ­ sicher im Bemühen, dem wirksamen Instrument des »automatischen Arrests« zu entkommen ­wirklich substanzielle Informationen preisgaben. Aufgabe der historischen Forschung wäre es nun, diese Ergebnisse archivalisch zu überprüfen und ggf. zu untermauern. Dabei wird sich manche Feststellung noch präzisieren lassen, aber an der Grundaussage wohl schwerlich etwas ändern. Eher im Gegenteil. Beispielsweise wußten die Ermittler der Finance Division 1946/47 noch nicht, daß ein Repräsentant der Deutschen Bank im sog. Siebenerausschuß der Deutschen Golddiskontbank mit dabei war, als darüber entschieden wurde, welche Kredite für die Rüstungsproduktion eine Reichsbürgschaft erhalten sollten, und welche nicht. Klarer läßt sich gar nicht belegen, daß die Deutsche Bank im internen Kern der Macht über die Investitionslinien der gesamten Rüstungswirtschaft mit entschied. Über den Siebenerausschuß der Deutschen Golddiskontbank vgl. BA, R 2/13 554.
[3] Über diese Arbeitsteilung in Sachen lang­ und kurzfristiger Schuldenfinanzierung durch das Bankwesen vgl. vor allem Willi Albers, Finanzpolitik in der Depression und in der Vollbeschäftigung, in: Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Währung und Wirtschaft in Deutschland 1876­1975, Frankfurt/M. 1976, 331 ff; Ruth Andexel, Staatsfinanzen ­ Rüstung ­Krieg, Berlin 1966; Fritz Federau, Der zweite Weltkrieg ­ Seine Finanzierung in Deutschland, Tübingen 1962; und wegen seines Zynismus noch immer unübertroffen Lutz Graf Schwerin von Krosigk, Wie wurde der zweite Weltkrieg finanziert? in: Bilanz des zweiten Weltkrieges, Oldenburg­Hamburg 1953, 311 ff.
[4] Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 1937, S. 7.
[5] Deutsche Bank, Geschäftsbericht für 1940, S. 9.
[6] Dazu knapp, aber alles wesentliche zusammenfassend: Hans­Erich Volkmann, Die NS­Wirtschaft in Vorbereitung des Krieges, in: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.), Das Deutsche Reich und der zweite Weltkrieg, Bd. 1, Stuttgart 1979, S. 232 ff.; Kurt Gossweiler, Der Übergang von der Weltwirtschaftskrise zur Rüstungskonjunktur in Deutschland 1933 bis 1934, in: JWG, 1968, T. IL 55 ff.
[7] Die Datierung der Rüstungsumstellung auf das Jahr 1935 gilt heute als zu spät. Den entscheidenden Einschnitt bildete Schachts außenwirtschaftlicher »Neuer Plan«, der die Entscheidung zum Rüstungsboom flankierte und ermöglichte. Vgl. Volkmann ebenda, S. 254 ff.; Dietmar Petzina, Autarkiepolitik im Dritten Reich, Der nationalsozialistische Vierjahresplan, Stuttgart 1968. Auch die weiter oben gemachte Äußerung über Hitlers »ersten Vierjahresplan« ist heute überholt; es erscheint nicht mehr sinnvoll, die zunächst unkoordinierte Abfolge von Arbeitsbeschaffungsprogrammen als Ausdruck eines homogenen Plans zu bezeichnen. Vgl. dazu auch D. Petzina, Hauptprobleme der deutschen Wirtschaftspolitik 1932/33, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 15, 1967, 18 ff.
[8] Beweisstück 104: Rundschreiben des Reichsbank­Direktoriums über Finanzierungsprobleme der Reichsausgaben, vom 27.1.1936.
[9] Beweisstück 105: Undatierte Erklärung von Otto Schniewind, ehemaliges Mitglied des Direktoriums der Deutschen Reichsbank.
[10] Beweisstück 105a: Vernehmungsprotokoll von Hans Rummel, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, vom 12.12. 1945.
[11] Beweisstück 106: Erklärung der Bankabteilung der Mannesmannröhren­Werke über Rolle und Abwicklung der »Mefo­Wechsel« innerhalb des Mannesmann­Konzerns, vom 31. 1. 1946.
[12] Geschäftsbericht der Deutschen Bank und Disconto­Gesellschaft 1936, S.5.
[13] Beweisstück 107: Kopie eines Schreibens der Deutschen Reichsbank an die Geldstelle der Deutschen Bank in Berlin vom 12.6.1937.
[13a] Beweisstück 108: Exemplar eines Mefo­Wechsels.
[14] Beweisstück 109: Protokoll einer Sitzung des Aufsichtsrats der Deutschen Bank vom 27. 3. 1941.
[15] Beweisstück 110: Von den DB­Mitarbeitern Erhard Ulbricht und Theodor Arnold verfaßter Kassenbericht mit Übersicht über das Wechselgeschäft, 23. 4.1946.
[16] Deutsche Bank, Geschäftsbericht für 1938, S. 5 f.
[17] Dazu E. W. Schmidt, Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Deutschen Bank, rückblickend 1940: "Unter den ausstehenden Krediten hat der Großkredit gegenüber dem Klein und Mittelkredit an Bedeutung gewonnen, und die durchschnittliche Kreditsumme ist damit angestiegen. Die Ursachen hierfür liegen in den veränderten Aufgaben, die Aufrüstung und Krieg der Wirtschaft gestellt haben. Einen besonderen Rang nehmen dabei nach wie vor die sogenannten Vierjahresplankredite ein ... Es sei z. B. an die namhaften Beträge erinnert, die von Bankenkonsortien für den Ausbau der Zellwolle­ oder der Benzinerzeugung gegeben worden sind." E. W. Schmidt, Die deutsche Bankwirtschaft im Jahre 1940, in: Die Deutsche Volkswirtschaft, 194 1, Nr. 1/2, S. 64.
[18] Beweisstück 111: Schreiben der Deutschen Bank an die Deutsche Golddiskontbank vom 7.2.1934 über ein Konsortialprojekt zur Ausbeutung einer türkischen Kupferlagerstätte.
[19] Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 1937, S. 7.
[20] Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 1938, S. 5. Die folgende Übersicht über die Vergabe von Neukrediten seit 1933 ist aus den Geschäftsberichten 1933­1941 zusammengestellt.
[21] Deutsche Bank, Bericht über das Geschäftsjahr 1943, Bericht des Vorstands, ohne Seitenangabe.

Zitat aus: Ermittlungen gegen die Deutsche Bank,1946/1949, herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger, verlegt bei Franz Greno, Nördlingen 1985.


Andreas Jordan, September 2008

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