GELSENZENTRUM-Startseite

Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht

← Was damals Recht war...


Kriegssonderstrafrechtsverordnung

§5 Zersetzung der Wehrkraft

(1) Wegen Zersetzung der Wehrkraft wird mit dem Tode bestraft:

    1. Wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt, die Erfüllung der Dienstpflicht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu verweigern, oder sonst öffentlich den Willen des deutschen oder verbündeten Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen oder zu zersetzen sucht.

    2. Wer es unternimmt, einen Soldaten oder Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes zum Ungehorsam, zur Widersetzung oder zur Tätlichkeit gegen einen Vorgesetzten oder zur Fahnenflucht oder unerlaubten Entfernung zu verleiten oder sonst die Manneszucht in der deutschen oder einer verbündeten Wehrmacht zu untergraben.

    3. Wer es unternimmt, sich oder einen anderen durch Selbstverstümmelung, durch ein auf Täuschung berechnetes Mittel oder auf andere Weise der Erfüllung des Wehrdienstes ganz, teilweise oder zeitweise zu entziehen.

(2) In minder schweren Fällen kann auf Zuchthaus oder Gefängnis erkannt werden.

(3) Neben der Todes- und der Zuchthausstrafe ist die Einziehung des Vermögens zulässig.

§5 a Überschreitung des regelmäßigern Strafrahmens

Personen, die dem Kriegsverfahren unterliegen, sind wegen strafbarer Handlungen gegen die Manneszucht oder das Gebot Soldatischen Mutes unter Überschreitung des regelmäßigen Strafrahmens mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren oder mit dem Tode zu bestrafen, wenn es die Aufrechterhaltung der Manneszucht oder die Sicherheit der Truppe erfordert.

§ 8 Disziplinarübertretungen

Als Disziplinarübertretungen sind zu beurteilen:

  • vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die militärische Zucht und Ordnung, die keinem Strafgesetz unterfallen;

  • Zuwiderhandlungen gegen Strafgesetze, die gerichtlich nicht bestraft oder strafvollzugsfrei gelassen werden.

§ 14

(1) Die Strafarten dieses Gesetzes sind Todesstrafe, Zuchthaus, Freiheitsstrafe und die militärischen Ehrenstrafen.

§ 30 Militärische Ehrenstrafen

(1) Verlust der Wehrwürdigkeit

(2) Dienstentlassung, an deren Stelle bei Verurteilung von Soldaten im Felde Rangverlust tritt

§ 48 Gründe, die die Strafe ausschließen, mildern und erhöhen

Die Strafbarkeit einer Handlung der Unterlassung ist dadurch nicht ausgeschlossen, dass der Täter nach seinem Gewissen oder den Vorschriften seiner Religion sein Verhalten für geboten erachtet hat.

§ 49 Verletzung der Dienstpflicht:

(1) Die Verletzung einer Dienstpflicht aus Furcht vor persönlicher Gefahr ist ebenso zu bestrafen wie die Verletzung der Dienstpflicht aus Vorsatz.

§ 50

Bei Bestrafung militärischer Verbrechen oder Vergehen ist die Erkennung der angedrehten Strafe unabhängig vom Alter des Täters.

Unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht:

§ 64

Wer unbefugt seine Truppe oder Dienststelle verlässt oder ihnen fernbeleibt und vorsätzlich oder fahrlässig länger als drei Tage, im Felde länger als einen Tag, abwesend ist, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen kann die Strafe bis auf vierzehn Tage geschärften Arrests ermäßigt werden.

§ 65

(1) Ebenso (§64) wird bestraft, wer im Felde es vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, binnen drei Tagen

  • sich der Truppe, von der er abgekommen ist, oder einer anderen Truppe wieder anzuschließen, oder

  • sich nach beendeter Kriegsgefangenschaft bei einem Truppenteil zu melden.

(2) Dasselbe gilt für den, der außerhalb der deutschen Hoheitsgrenzen von seiner Dienststelle abgekomen ist und es vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, sich bei ihr, bei einer anderen Dienstelle oder bei einer deutschen Behörde binnen drei Tagen zu melden.

§ 70

(1) Die Strafe für Fahnenflucht ist Gefängnis nicht unter sechs Monaten.

(2) Wird die Tat im Felde begangen oder liegt ein besonders schwerer Fall vor, so ist auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus zu erkennen.*

(3) Stellt sich der Täter, um den Wehrdienst fortzusetzen, binnen vier Wochen – im Felde binnen einer Woche – nach der Tat, so kann in den Fällen des Abs.2 auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden.

* Richtlinien von Hitler vom 14. April 1940:

Für die Todesstrafe wird plädiert, wenn eine Furcht vor persönlicher Gefahr bestand, es unerlässlich war, um die Manneszucht aufrechtzuerhalten; wenn es sich weiterhin um eine wiederholte oder eine gemeinschaftliche Fahnenflucht handelt, es ein Fluchtversuch oder eine geglückte Flucht ins Ausland war; wenn der Täter vorbestraft oder auf der Flucht verbrecherisch tätig war.

Wenn oben genanntes nicht der Fall war, so sollte der richte die gesamten Umstände überprüfen. War es jugendliche Unüberlegtheit, war der Grund eine falsche dienstliche Behandlung, lagen schwierige häusliche Verhältnisse vor und gab es andere nicht unehrenhafte Beweggründe? Die Grundsätze gelten auch bei Ausbruch aus der Strafanstalt, der als Fahnenflucht deklariert wird.

§ 77

Wer von dem Vorhaben einer Fahnenflucht zu einer Zeit, in der ihre Verhütung möglich ist, glaubhaft Kenntnis erhält und es unterlässt, hier von seinem Vorgesetzten rechtzeitig Anzeige zu machen, ist, wenn die Fahnenflucht begangen worden ist, mit Freiheitsstrafe zu bestrafen.

§ 81

(1) Wer sich durch Selbstverstümmelung oder sonst zum Dienst untauglich macht, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. In minder schweren Fällen kann auf Gefängnis oder auf Arrest nicht unter vierzehn Tagen erkannt werden.

(2) Wird die Tat im Felde begangen oder liegt ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus erkannt werden.

Ebenso wird bestraft, wer einen anderen zum Dienst untauglich macht.

§ 84 Dienstverletzung aus Furcht, Feigheit

Wer aus Furcht vor persönlicher Gefahr eine militärische Dienstpflicht verletzt, wird mit Arrest oder mit Gefängnis bestraft.

§ 85

(1) In besonders schweren Fällen der Dienstverletzung aus Furcht (§84) ist wegen Feigheit auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus zu erkennen.

(2) Ein besonders schwerer Fall kann namentlich dann vorliegen, wenn die Tat während einer Kampfhandlung oder zu einer Zeit, in der eine Kampfhandlung zu erwarten ist, oder in besonders schimpflicher Weise begangen worden ist oder wenn sie einen erheblichen Nachteil herbeigeführt hat.

§ 86 Milderung bei Mutbeweisen

Hat der Täter nach der Tat hervorragenden Mut bewiesen, so kann in den Fällen des §84 von Strafe abgesehen und in den Fällen des §85 auf Gefängnis erkannt werden.

§ 89 Drohung gegen Vorgesetzte

(2) Wird die Tat im Felde begangen oder liegt ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus erkannt werden.

§ 91 Beleidigung eines Vorgesetzten

(1) Wer einen Vorgesetzten oder im Dienstrang höheren durch üble Nachrede (§186 des Strafgesetzbuches) beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und, wenn die Beleidigung im Dienste oder in Beziehung auf eine Diensthandlung begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

(2) Ist die Beleidigung durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangen, so ist auf Gefängnis oder Festungshaft bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(3) Ist die Beleidigung eine verleumderische (§187 des Strafgesetzbuches), so tritt Gefängnis bis zu fünf Jahren ein.

Strafrecht der deutschen Wehrmacht: Militärstrafgesetzbuch vom 10. Okt. 1940, Kriegssonderstrafrechtsverordnung, Kriegsstrafverfahrensordnung (...), Textausgabe mit Verweisen u. Sachverz. (6. veränd. Aufl.), München. Berlin: C. H. Beck, 1943. - XIV, 385



Andreas Jordan, Mai 2009


↑ Seitenanfang