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Vergessene Opfer - Lesben im Faschismus

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Viele homosexuelle Frauen litten in Konzentrationslagern

Ein ausgefallenes Thema hatte sich die Kreisvereinigung Mitte der VVN-BdA zum Internationalen Frauentag ausgesucht. Über "Lesben im deutschen Faschismus" referierte im Billstedter "Kulturpalast" Bea Trampenau, die seit Jahrzehnten in der Hamburger Lesbenbewegung tätig ist. Sie ist auch Mitglied der VVN-BdA. Ihr Vater, der Wilhelmsburger Kommunist Richard Trampenau, wurde 1933 zum Tode verurteilt, weil er einem "Stahlhelmer" erschossen haben sollte (was aber nicht stimmte), und dann zu lebenslangem Zuchthaus "begnadigt".

Die Forschung über Lesben im Faschismus gestaltete sich sehr schwierig. Lesbische Liebe war kein Straftatbestand, allerdings nicht aus Gründen der Toleranz, sondern weil man der Frau nach damaliger Sichtweise keine eigenständige Rolle in der Sexualität zubilligte. Die Frauen hatten einfach für den Mann "da zu sein". Für Schwule gab es den § 175, er wurde von den Nazis 1935 erheblich verschärft.

Auch für Lesben erwogen die Nazis eine Bestrafung. Sie ließen aber davon ab, weil einige angebliche "Experten" schwadronierten, mit lesbischem Verhalten sei es vorbei, wenn erst der "richtige Mann" komme. Dennoch wurden Lesben verfolgt, denn sie widersprachen ganz extrem dem faschistischen Frauenbild, wonach die Frau an der Seite ihres Mannes möglichst viel Nachwuchs, vor allem rassereine künftige Soldaten, produzieren sollte.

Die Lebensweise der Lesben galt bei den Nazis als "asozial". Wenn sie auffällig wurden, kamen sie in Gefängnisse, "Fürsorgeheime" und auch in Konzentrationslager, wo sie meist den schwarzen Winkel trugen. Nur im KZ Ravensbrück gab es Lesben, die ausdrücklich wegen lesbischer Liebe eingesperrt wurden. In den KZs wurden Lesben oftmals in Lagerbordelle gezwungen.

Trotz der schwierigen Quellenlage gibt es umfangreiche Forschungen. Bea Trampenau erwähnte hier besonders die Professorin Ilse Kokula, ebenfalls eine langjährige Aktivistin der Lesbenbewegung, die im vorigen Jahr für ihre Tätigkeit das Bundesverdienstkreuz bekam.

Lesben waren aber nicht nur Opfer, sondern auch Täterinnen. Bekannt ist eine SS-Frau im Neugrabener Außenkommando des KZ Neuengamme. Wegen ihres kurzen Haarschnitts wurde sie von den Häftlingen "Bubi" genannt. Sie verliebte sich in eine tschechische Jüdin, folgte ihr zu den weiteren Stationen Tiefstack und Bergen-Belsen und schaffte es immer wieder, zu den Bewacherinnen zu gehören. Als die SS Bergen-Belsen verließ, zog sie sich Häftlingkleidung an und blieb bei ihrer Freundin im Lager. Sie wurde aber von der britischen Militärjustiz aufgespürt und, weil sie Häftlinge geschlagen hatte, zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Quelle: Hans-Joachim Meyer in antifa, Mai/Juni 2008


Andreas Jordan, Mai 2008

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