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Der Zug der Erinnerung in Gelsenkirchen


Interview mit F.

Interview mit einem ehrenamtlichen Mitarbeiter vom "Zug der Erinnerung"für die Schülerzeitung "GRAFFITI", die Fragen an den freiwilligen Helfer F. vom "Zug der Erinnerung" stellte Jennifer Fischer, 8b der Gerhart-Hauptmann-Realschule in Gelsenkirchen.

GRAFFITI: Was wollen Sie mit dem Zug bezwecken?

F.: Der Zug zeigt die Schicksale der Kinder, die von Nazis verschleppt worden sind. Außerdem soll der Zug an die Deportation in die Konzentrationslager erinnern, da die Bahn sie transportiert hat und dafür auch die damals üblichen Preise verlangt hat. Jeder wusste, was er da transportierte und wohin.

GRAFFITI: War es ein Todesurteil, wenn man in den Zug gesperrt wurde?

F.: Nicht immer, aber meistens. Viele starben auch schon im Zug wegen der langen Fahrt, Erschöpfung und Hunger. Und wenn man dann ins Konzentrationslager kam und als nicht arbeitsfähig eingestuft wurde, wurden sie sofort getötet, z.B. vergast.

GRAFFITI: Wie viele Kinder kamen ca. zurück?

F.: Es kamen nur ca. 2000 Kinder zurück. Aber es wurden mehr als 15.000(!) verschleppt. Früher schifften die Nazis 10.000 Kinder nach England, weil dieses sich bereit erklärt hatte, (nur) die Kinder aufzunehmen.

GRAFFITI: Wie viele Kinder kamen ca. aus Gelsenkirchen zurück?

F.: Es wurden 97 Kinder aus Gelsenkirchen verschleppt. Aber es kamen nur 10 Kinder zurück.

GRAFFITI: Haben die Eltern was dagegen unternommen?

F.: Es war oft so, dass sie gar nichts dagegen tun konnten. Entweder sie kamen mit oder sie waren schon lange abgeholt worden. So konnten sie dagegen nichts tun.

GRAFFITI: Haben Außenstehende etwas dagegen getan?

F.: Manche Außenstehende haben, wie im Beispiel Anne Frank, Juden versteckt. Doch flogen die auf, mussten auch die, die nicht Jude waren, ins Konzentrationslager.

GRAFFITI: Hatte man mehr Angst/Mitleid mit den Kindern?

F.: Wahrscheinlich hatten die Nachbarn und die Verwandten/ Freunde mehr Mitleid mit den Kindern. Aber da ich damals nicht gelebt habe, kann ich das nicht mit Bestimmtheit sagen.

GRAFFITI: Sprechen Sie manchmal, wenn sie das hier alles sehen, von der Gnade der späten Geburt?

F.: Nein.

GRAFFITI: Haben Sie bei den Vorbereitungen hier mitgewirkt?

F.: Nein, leider nicht, ich bin nur eingesprungen, weil meine Kollegen krank sind. Ich bin nur für die Einführung für Schulklassen zuständig.

GRAFFITI: Wo waren Sie schon?

F.: In 29 Städten.

GRAFFITI: Wo fahren Sie noch hin?

F.: Es gibt noch 28 Stationen. Die letzte Station ist Auschwitz in Polen, wo auch ein großes Konzentrationslager war.

GRAFFITI: Wie sind die Reaktionen auf dem Zug?

F.: Meistens positiv, da viele ältere Menschen erleichtert sind, dass sie mit jemanden darüber sprechen können. Aber auch negativ, was auch die Bahn findet, denn manche meinen, dass man die Vergangenheit einfach vergessen soll. Ich finde überhaupt nicht in Ordnung, dass sich die Bahn bezahlen lässt, dass der Zug fahren darf. Die Organisatoren des Zuges der Erinnerung müssen täglich 4000 Tausend Euro zahlen. Wer sich mehr darüber informieren möchte, kann auf die Seite http://www.gelsenzentrum.de gehen.

Von Jennifer Fischer, 8b

Interview aus: GRAFITTI, Schülerzeitung der Gerhart-Hauptmann-RS Gelsenkirchen Ausgabe 72-März 2008; 19. Jahrgang