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Die Geschichte der jüdischen Familie Neudorf

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Dokumentarische Ausstellung "Vergeben muss man, aber Vergessen ist unmöglich..."

Präsentation der Ausstellung 2012 in der Gesamtschule Horst

Abb.: Präsentation der Ausstellung im Oktober/November 2012 in der Gesamtschule Horst in Gelsenkirchen.

Insbesondere jungen Menschen ermöglicht die dokumentarisch angelegte Ausstellung durch ihren starken, lokalen Bezug einen besonderen Zugang zur Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung unter der Nazi-Diktatur. In der Vor- und Nachbereitung ermöglicht sie, Bezüge zu aktuellen Problemen mit rechtsextremistischem und rassistischem Gedankengut herzustellen und so entsprechenden Tendenzen in unserer heutigen Gesellschaft entgegenzuwirken.

Die Ausstellung, der wir nach einem Zitat von Herman Neudorf, dem einzigen Überlebenden seiner Familie, den Titel "Vergeben muss man, aber Vergessen ist unmöglich…" gegeben haben, rückt die Judenverfolgung im so genannten "Dritten Reich" mit der Dokumentation der Lebens- und Leidenswege der jüdischen Familie Neudorf aus Gelsenkirchen-Horst in einen konkreten örtlichen und individuellen Zusammenhang.

Lebens- und Leidenswege

Der aus Lódz stammende Simon Neudorf kam Anfang der 1920er Jahre in das damals selbständige Gemeinde Horst an der Emscher. Er heiratet hier die aus Herford stammende Frieda Grünewald, 1925 wird Sohn Herman geboren. Nach der Machtübergabe 1933 an die Nazis verschlechtern sich durch den zunehmenden Verfolgungsdruck auch die Lebensbedingen der jüdischen Familie Neudorf. 1938 gerät die Familie in die Fänge des NS-Staates. Der 13jährige Herman Neudorf wird im Oktober 1938 mitten aus dem Schulunterricht am Realprogymnasium (heutige Gesamtschule Horst) heraus verhaftet und zusammen mit der Mutter zunächst im Zuge der von den Nazis als "Polenaktion" bezeichneten Massenausweisung nach Polen (Bentschen/Zbaszyn) abgeschoben. Simon Neudorf stirbt 1941 im KZ Sachsenhausen, Frieda Neudorf "darf" zur "Arisierung" des Geschäftes nach Gelsenkirchen zurückkehren, wird am 27. Januar 1942 erneut deportiert und 1944 in Riga ermordet.

Nach der unerwarteten Rückkehr in seine Heimatstadt Gelsenkirchen Juni 1940 führt Herman Neudorfs weiterer Leidensweg über eines der Gelsenkirchener "Judenhäuser" an der Markenstraße, im Januar 1942 in das Ghetto Riga, von dort in das KZ Kaiserwald in Riga, weiter über die KZ Stutthof und Buchenwald in das KZ-Außenlager von Buchenwald beim Bochumer Verein und wieder zurück nach Buchenwald. Herman Neudorf überlebt einen der Todesmärsche und wird am 13. April 1945 bei Gera von amerikanischen Soldaten befreit. Der 87jährige Herman Neudorf lebt heute in den USA.

Entstehung und Realisierung

Auf der Basis vieler in den letzten Jahren geführter Gespräche mit unserem Freund Herman Neudorf, seiner uns dankenswerter Weise überlassenen niedergeschriebenen Erinnerungen "Das war Riga", Fotos, Dokumente und der Aufzeichnung eines → Interviews mit der "Survivors of the Shoa Visual History Foundation" (1995) aus seinem Privatvesitz dokumentieren wir in dieser Ausstellung Lebens- und Leidenswege seiner Familie, seiner Angehörigen und seiner Freunde - beginnend in der aufstrebenden Gemeinde Horst-Emscher Anfang des 19. Jahrhunderts, durch die Nazi-Zeit und weiter zu einem Neuanfang nach der Befreiung 1945 in den USA bis hin in unsere Zeit. Die grafische Gestaltung und das Druck-Layout hat Jesse Krauß erstellt, Idee und Konzeption stammen von Andreas Jordan (Gelsenzentrum e.V.). Finanziert werden konnte die Austellung dank privater Spenden.

Vorschau

Eine Voransicht der Ausstellungstafeln als Download (PDF-Dateien) ist hier möglich:

Erstpräsentation der Ausstellung im Oktober 2012 in der Gesamtschule Horst

Tafel 1:   → Jüdisches Leben in Horst
Tafel 2:   → Die Familie Neudorf
Tafel 3:   → 1938 - Verhaftung aus dem Unterricht
Tafel 4:   → Pogromnacht 9./10. November 1938
Tafel 5:   → Kriegsbeginn
Tafel 6:   → Wieder in Gelsenkirchen
Tafel 7:   → 27. Januar 1942 - Deportation nach Riga
Tafel 8:   → Im Ghetto in Riga
Tafel 9:   → KZ Kaiserwald, Dezember 1943
Tafel 10: → KZ Buchenwald & Außenlager Bochum
Tafel 11: → Todesmarsch Richtung Osten
Tafel 12: → 1945 - Rückkehr
Tafel 13: → Suche nach Tätern
Tafel 14: → Neues Leben nach 1945

Interessierten Schulen bzw. nichtkommerziellen Bildungseinrichtungen etc. stellen wir gerne Dateien in entsprechender Qualität für einen Nachdruck der Ausstellung (bis Din A0) zur Verfügung. Schreiben sie uns: a.jordan (ätt) gelsenzentrum.de

Presse- und Medienspiegel

Stolpersteine Gelsenkirchen: → Herman Neudorf-Ausstellung in Gelsenkirchen-Horst eröffnet
WAZ Gelsenkirchen: → Lebens- und Leidenswege
Stolpersteine Gelsenkirchen: → Herman Neudorf-Ausstellung: Finissage in der Gesamtschule Horst

Herman Neudorf schreibt uns am 31. Oktober 2012:

Dear Heike and Andreas and Dear Gesamtschule, Direktors und Schueler, With deep emotion thanks to the elctronic wonders of todays technology, I was able to watch and listen to the ensuing program unfolding, honoring my family in Gelsenkirchen-Horst's Gesamtschule. How did I ever survive the holocaust? Yet, here I was 60 years later beeing recognized with respect by the second and third generation community,who had the courage to acknowledge the sins pertpetuated upon us just barely almost a century ago. Today, with profound gratitude I first of all must appretiate my friends Andreas and Heike Jordan and their co-workers for their superb organizational skill in setting up such a classical event. My children and I will never forget it, and carry the memory of it to generations to come!
With all good wishes sincerely yours, Herman Neudorf

(Der Text wurde bei der Finissage in der GS Horst von Anke Käding (Didaktische Leiterin) verlesen)

Video: Vernissage in der Gesamtschule Horst 

Einen Videomitschnitt von der Eröffnungsveranstaltung am 26. Oktober 2012 in der Gesamtschule Horst in Gelsenkirchen hat Jesse Krauß gefertigt:


Zum Tod von Herman D. Neudorf

Andreas Jordan | 30. April 2023 | Gelsenzentrum Gelsenkirchen

Stolpersteine erinnern in Gelsenkirchen an Familie Simon, Frieda und Herman Neudorf

Im Alter von 97 Jahren verstarb Herman D. Neudorf am 26. April 2023 in seiner Wahlheimat Hallandale Beach (Florida).

Herman Neudorf wurde 1925 in Gelsenkirchen (Horst-Emscher) geboren. Seine Eltern Simon und Frieda wurden im Holocaust von den Nazis ermordet, er überlebte eine siebenjährige Odysee durch Unrechtsorte und Lager der Nazis. Im April 1945 gelang ihm auf einem Todesmarsch aus dem KZ Buchenwald die Flucht.

Vorrübergehend kehrte er dann in sein Geburtstadt Gelsenkirchen zurück. Nach einem folgenden zweijährigen Aufenthalt in Bolivien emigrierte er in die USA und fand dort eine neue Heimat. Er heiratete Bella Neudorf (Verstorben 2005) und hatte mit ihr drei Söhne, Dr. Steven, Dr. Howard und Leslie Neudorf. Die letzten rund dreißig Jahre lebte Herman in Hallandale Beach, Florida. Er stand unserem Verein Gelsenzentrum e.V. viele Jahre beratend und unterstützend zur Seite. Persönlich verband uns eine langjährige Freundschaft. Herman wird einen festen Platz in unseren Herzen haben. Spurensuche in Gelsen- kirchen-Horst: Lebensstationen: Anfang und Ende einer Odysee

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Email an Andreas Jordan schreiben Andreas Jordan, Gelsenzentrum e.V., Nov. 2012. Editiert April 2023

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